Die Verantwortlichen des Love-Parade-Desasters zieren sich noch

Kein Rücktritt, nirgendwo

Ungeachtet vieler offener Fragen zur Massenpanik bei der Duisburger Loveparade mit 21 Toten wächst der Druck auf die Verwaltung der Stadt und Oberbürgermeister Adolf Sauerland. Nun legte auch die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft Sauerland indirekt den Rücktritt nahe.

 (DR)

«Der Duisburger Oberbürgermeister und die Verantwortlichen in der Stadtspitze werden sich letztendlich der politischen Verantwortung stellen müssen», sagte Kraft. Sauerland wies die Verantwortung für die Katastrophe weiter von sich. Er wolle aus «Pflichtbewusstsein» nicht zurücktreten, sondern dabei helfen, das Loveparade-Desaster aufzuklären.

Rund 1200 Fußballfans nahmen am Mittwochabend in Duisburg laut Polizei an einem Trauermarsch von der Unglücksstelle der Loveparade zum Stadion des MSV Duisburg teil. Teilnehmer trugen an der Spitze des Zuges ein großes Transparent mit den Worten «Wir MSV-Fans trauern um 21 Menschen, die nur feiern wollten». Bei einem Freundschaftsspiel zwischen den Fußball-Zweitligisten MSV Duisburg und VfL Bochum gedachten etwa 4150 Fans der Opfer der Loveparade. Bei der Massenpanik am Samstag waren auch mehr als 500 Menschen verletzt worden.

Trauerfeier in Ruhe und Würde
Kraft sagte, sie habe den Eindruck, dass Sauerland glaube, er würde Schuld eingestehen, wenn er die politische Verantwortung übernähme. «Diesen Zusammenhang gibt es aber nicht», sagte die Regierungschefin. Sein Fehlen bei der Trauerfeier am Samstag hält sie indessen für nachvollziehbar. Der Oberbürgermeister und seine Familie seien bedroht worden. «Wir sollten in Ruhe und Würde die Trauerfeier für die jungen Menschen begehen», sagte Kraft.

Zugleich präzisierte die Ministerpräsidentin ihr künftiges Vorgehen bei vergleichbaren Veranstaltungen. «Wir werden den Städten intensive Beratung und Unterstützung in Sicherheitsfragen geben müssen, die wenig Erfahrungen mit sehr großen Veranstaltungen haben.» Um bundeseinheitliche Regeln zu gewährleisten, werde die Landesregierung ein neues Sicherheitskonzept in die Innenministerkonferenz einbringen.

Politische Verantwortung ja, Rücktritt nein
Sauerland sieht derzeit keinen Grund zum Rücktritt. «Persönliche Verantwortung kann es nur geben, wenn es ungerechtfertigte Eingriffe in den Prozess gegeben hätte. Diese gab es aber nicht", erklärte er. Am Ende habe die ganze Verwaltung dem Sicherheits- und Veranstaltungskonzept zugestimmt. «Jetzt gilt es zu klären, ob die Verwaltung Fehler gemacht hat, oder ob sie falsch informiert wurde.» Er trage politische Verantwortung, «nicht nur weil ich als einer von 75 Ratsherren dafür gestimmt habe, dass wir als Duisburger die Loveparade wollen».

Sauerland verwies darauf, dass er keine Genehmigung für die Großveranstaltung unterschrieben habe. «Die Abschlussgenehmigung hat einer unserer besten Kollegen abgezeichnet», betonte der CDU-Politiker. Er wolle erst wissen, wie es zu dem Unglück kam. «Danach entscheide ich über persönliche Konsequenzen.»

Auch Duisburgs Baudezernent Jürgen Dressler lehnt eine Verantwortung für die Todesfälle im Loveparade-Tunnel ab. «Der Tunnelbereich gehörte zum öffentlichen Raum außerhalb des Veranstaltungsgeländes. Für die Sicherheit im öffentlichen Raum ist die Polizei zuständig», sagte er. Dresslers Behörde hatte die Durchführung der Loveparade auf dem ehemaligen Güterbahnhof in Duisburg genehmigt. Außerdem sagte Dressler, die Polizei habe auf der Loveparade Fluchtwege blockiert.