Die USA begrüßen ihren ersten Papst

Gedämpfte Freude bei Bischöfen

Katholiken in den USA wussten bisher wenig mit dem Namen Robert Francis Prevost anzufangen. Kaum die Hälfte seines Lebens verbrachte der neue Papst Leo XIV. in seinem Geburtsland. Dort sind die Reaktionen durchwachsen.

Autor/in:
Bernd Tenhage
Gläubige halten eine amerikanische Flagge nach der Wahl des US-Amerikaners Prevost als Papst Leo XIV. auf dem Petersplatz / © Cecilia Fabiano (dpa)
Gläubige halten eine amerikanische Flagge nach der Wahl des US-Amerikaners Prevost als Papst Leo XIV. auf dem Petersplatz / © Cecilia Fabiano ( dpa )

Ein Bischof nach dem anderen verspricht, für den neuen Papst Leo XIV. zu beten. So berichtet es das konservative Portal National Catholic Register. Auffallend ist, dass die meisten Erklärungen zur Wahl von Kardinal Robert Francis Prevost, dem ersten US-Amerikaner an der Spitze der katholischen Weltkirche, wenig inhaltliche Substanz wie etwa konkrete Erwartungen an die neue Ära enthalten.

Timothy Broglio ist Erzbischof des US-amerikanischen Militärordinariats und Vorsitzender der katholischen US-Bischofskonferenz. / © Bob Roller/OSV News/KNA (KNA)
Timothy Broglio ist Erzbischof des US-amerikanischen Militärordinariats und Vorsitzender der katholischen US-Bischofskonferenz. / © Bob Roller/OSV News/KNA ( KNA )

Entsprechend dünn fällt später auch die Stellungnahme des Vorsitzenden der US-Bischofskonferenz (USCCB), Erzbischof Timothy Broglio, aus. "In Gemeinschaft mit den Katholiken auf der ganzen Welt danken die Bischöfe der Vereinigten Staaten im Gebet für die Wahl seiner Heiligkeit Papst Leo XIV." Er sei "ein Sohn dieses Landes", der nun "allen Menschen guten Willens gehört".

Im Vertrauen auf den Heiligen Geist bete man dafür, "dass der Heilige Vater als Nachfolger des heiligen Petrus in seinem Amt Gelassenheit findet und ein wachsamer und weiser Hirte ist, der uns in unserem Glauben bestärkt", so Broglio. Nach überwältigender Begeisterung über die historische Wahl seines Landsmannes zum Papst klingt das noch nicht.

Trump freut sich auf Treffen

Selbst der Nicht-Katholik Donald Trump, der sich mit einem KI-Bild in Papstgewändern und Einlassungen vor Reportern selbst ins Gespräch für die Nachfolge von Papst Franziskus gebracht hatte, ließ mehr Freude über die Wahl des Kardinals erkennen.

Vielleicht, weil er nicht viel mehr über den neuen Papst wusste als dessen Geburt vor 69 Jahren in Chicago. "Welch große Ehre für unser Land", äußerte sich der US-Präsident Minuten, nachdem die Welt am Donnerstag von der überraschenden Entscheidung erfahren hatte. "Ich freue mich darauf, Papst Leo XIV. zu treffen. Es wird ein sehr bedeutungsvoller Moment sein!"

Donald Trump / © Ben Curtis (dpa)
Donald Trump / © Ben Curtis ( dpa )

Trumps Vizepräsident J.D. Vance wusste schon eher, dass aus Sicht der US-amerikanischen Konservativen in der Kirche wohl der "falsche" Amerikaner zum Oberhaupt von 1,4 Milliarden Katholiken gewählt worden war. Denn als Kardinal hatte Prevost scharfe Kritik an der Einwanderungspolitik der US-Regierung und Vances Verständnis von einer angeblichen "Ordnung der Liebe" kritisiert. "J.D. Vance liegt falsch", postete Prevost im Februar auf X. "Jesus fordert uns nicht auf, unsere Liebe zu anderen in eine Rangfolge zu bringen." Vance richtete dem neuen Papst auf X, wie andere Konservative, lauwarme Glückwünsche aus. "Millionen amerikanischer Katholiken und anderer Christen werden für Ihre erfolgreiche Arbeit beten."

In der Tradition des "Sozial-Papstes"

Wie echte Freude aussieht, ließ sich dagegen auf dem Gesicht von Kardinal Blase Cupich aus Chicago, der Heimatstadt des neuen Papstes, ablesen. Er stand prominent auf der Loggia des Petersdoms links von dem Ort, von dem aus sich der neue Papst mit den Worten "Der Friede sei mit Euch" an die Menschen auf dem Petersplatz gerichtet hatte.

Kardinal Blase Joseph Cupich, Erzbischof von Chicago / © Paul Haring/CNS photo (KNA)
Kardinal Blase Joseph Cupich, Erzbischof von Chicago / © Paul Haring/CNS photo ( KNA )

Ein klares Signal, wie auch seine Namenswahl, die eine Nähe zu dem "Arbeiterpapst" und Sozialreformer Leo XIII. (1878-1903) signalisiert.

Experten in den USA sehen in Leo XIV. nicht in erster Linie einen US-Amerikaner, sondern einen polyglotten Weltbürger, der in Rom wegen seines langjährigen Wirkens in Lateinamerika den Spitznamen "Latin Yankee". "Er war ein Rätsel für Kardinäle, besonders für amerikanische Kardinäle, weil er sein Leben außerhalb der Vereinigten Staaten verbracht hat", erklärte der Theologe Jonathan Morris, der für Fox News vom Konklave berichtete.

Viele Jahre in Peru

Geboren an der armen South Side von Chicago, besuchte Prevost eine Augustinerschule, bevor er an der katholischen Villanova University Mathematik studierte. Von dort ging er nach Rom, wo er in Kirchenrecht promovierte. Danach verbrachte er viele Jahre als Missionar in Südamerika, wurde später zweimal zum Generalprior des Augustinerordens gewählt und schließlich von Papst Franziskus zum Bischof von Chiclayo im Nordwesten Perus ernannt. Neben der US-amerikanischen Staatsbürgerschaft erhielt er auch die peruanische.

In vielerlei Hinsicht verkörpert der im Wahlregister von Illinois als Republikaner eingetragene Leo XIV. das genaue Gegenteil von dem, was Präsident Trump repräsentiert. Während der Präsident für laute Töne, polarisierende Aussagen und eine America-First-Politik steht, gilt der neue Papst als besonnen, nachdenklich und global orientiert.

"Prevost wird als außergewöhnlicher Führer angesehen", erläutert Elise Ann Allen, CNN-Vatikan-Analystin. "Er hat sehr klare Vorstellungen, was seiner Meinung nach getan werden muss."

Kenner von Kurie und Weltkirche

Auch inhaltlich steht er mit seinen Positionen konträr zu denen des US-Präsidenten. Er ist gegen die Todesstrafe, betont die Rechte von Asylsuchenden und soziale Gerechtigkeit. Als bisheriger Chef der vatikanischen Bischofsbehörde ist Leo XIV. zugleich ein Kenner der Kurie wie der Weltkirche und könnte Franziskus' Reformen möglicherweise effektiver umsetzen als sein charismatischer Vorgänger. "Mit Prevost haben sie für weniger Überraschungen und eine ruhigere Hand am Steuer gestimmt", schreibt Michael Sean Winters vom National Catholic Reporter.

Papst Leo XIV. / © Vatican Media (dpa)
Papst Leo XIV. / © Vatican Media ( dpa )

Als Präfekt des Dikasteriums für die Bischöfe hatte Prevost direkten Einfluss auf die Auswahl neuer Kirchenführer - eine Position, die er in den USA nutzte, um progressivere Bischöfe zu fördern und die Vorherrschaft konservativer Kräfte in der USCCB zurückzudrängen - was die zurückhaltenden Reaktionen aus dem US-Episkopat auf die Wahl des ersten US-Amerikaners im Petrusamt erklären könnte.

Gespür für die Armen

Obwohl Papst Leo XIV. kaum die Hälfte seiner Lebenszeit in den USA verbracht hat, hinterließ er bei denen, die ihm nahe waren, tiefen Eindruck. Pfarrer William Lego, der in Chicago in der St.-Turibius-Gemeinde dient, kannte den neuen Papst seit ihrer gemeinsamen Seminarzeit. "Er hatte immer ein Gespür für die Armen und versuchte, ihnen zu helfen", beschreibt er seinen alten Freund mit echtem Enthusiasmus in mehreren Interviews mit US-Medien. "Sie haben einen guten Mann gewählt."

Robert Francis Prevost (Papst Leo XIV.)

hier geht es zur Themenseite

Robert Francis Prevost gilt als ein Kardinal der Mitte. Obwohl US-Amerikaner ist der Ordensmann in Rom, der Kurie und der Weltkirche zu Hause. Zuletzt leitete der 69-Jährige die Vatikanbehörde für Bischöfe, quasi die Personalabteilung der katholischen Weltkirche. In dieser Funktion war Prevost in den vergangenen zwei Jahren zuständig für einen Großteil der Bischofsernennungen weltweit.

Papst Leo XIV / ©  Andrew Medichini/AP (dpa)
Papst Leo XIV / © Andrew Medichini/AP ( dpa )
Quelle:
KNA