Die Trierer Liebfrauen-Basilika gehört zum Weltkulturerbe

"Vergessener Schatz"

Porta Nigra und Amphitheater, Barbara- und Kaiserthermen, alte Römerbrücke, Konstantin-Basilika und Dom - Welterbestätten in Trier. Fehlt noch: die Liebfrauen-Basilika. Das Gotteshaus unmittelbar neben dem Dom und mit ihm verbunden bleibt häufig ungenannt, wenn die Welterbestätten der Moselstadt aufgezählt werden.

Autor/in:
Peter de Groot
Neben dem Dom: Die Liebfrauen-Basilika in Trier (DR)
Neben dem Dom: Die Liebfrauen-Basilika in Trier / ( DR )

Würde die Basilika für sich alleine stehen, kämen die Leute nur ihretwegen, sagt Hans Wilhelm Ehlen (65). So aber sei der gewaltige Dom der erste Anlaufpunkt, werde dieses kostbare Kleinod oft übersehen. Ehlen, Trierer Domkapitular, ist seit 2004 Pfarrer von Liebfrauen. Er nennt seine Kirche einen «vergessenen Schatz».

Dort, wo sich Dom und Liebfrauen-Basilika befinden, gab es bereits im 4. Jahrhundert eine Doppelkirchenanlage. Liebfrauen ist an ihrem Platz die dritte Kirche, errichtet um 1230 bis zirka 1260 von lothringischen Baumeistern. Mit der Marburger Elisabethkirche ist sie die älteste gotische Kirche in Deutschland. Ehlen hat eine besondere Beziehung zur Liebfrauen-Basilika, weil er 1971 in ihr zum Priester geweiht wurde und weil es für ihn wichtig ist, dass die Kirche die Gottesmutter Maria zur Patronin hat. Eine besondere Beziehung zu Liebfrauen habe er aber nicht zuletzt dadurch, dass diese Kirche ein «Prachtexemplar der Architektur» sei, sagt Ehlen

Was ihn vor allem fasziniert, ist die «einzigartige theologische Komposition». Da ist der Grundriss: Das Gotteshaus ist die weltweit einzige gotische Kirche, die auf dem Grundriss einer zwölfblättrigen Rose erbaut wurde. Da sind zwölf Säulen; sie tragen das Gewölbe.

Eine jede Säule zeigt das Bildnis eines der zwölf Apostel. «Die Apostel», sagt Ehlen, «tragen die Kirche». Die Säulen stehen auf der Rose, und sie umstehen den Altar. Die von einem Kreuz durchwebte Rose symbolisiere Maria, zuvörderst aber die Liebe, und Gott sei die Liebe, sagt der Pfarrer. Der Altar repräsentiere Christus. Und die zwölf Apostel auf den zwölf Säulen säßen nicht, sie stünden, seien gegürtet, «als würden sie gerade ausgesandt, der Welt das Evangelium zu verkünden» - ausgesandt durch die in die vier Himmelsrichtungen führenden Portale der Basilika.

Und dann sind da die farbigen Glasfenster im Ostchor, die Dreifaltigkeit und Maria darstellend. Darauf fällt unweigerlich der Blick dessen, der die Kirche durch den Hauptzugang, das Westportal, betritt. Im 34 Meter hohen Vierungsturm öffnet sich die Kirche nach oben hin - ein Hinweis auf die Wiederkunft Christi und den geöffneten Himmel. Die Lichtführung will es, dass gegen Abend die Sonnenstrahlen auf eine 98 Zentimeter große Madonna mit Kind fallen, die Mitte des 14. Jahrhunderts geschaffen wurde. Über dem Türsturz des Westportals findet sich eine Darstellung des Beginns der
Heilsgeschichte: Christus ist geboren. Hoch darüber im Giebel: der Kreuzestod.

Die Liebfrauenkirche, wie die anderen Trierer Welterbestätten 1986 von der UNESCO auf die Liste des besonders zu schützenden kulturellen Erbes der Menschheit gesetzt und bereits 1951 von Papst Pius XII. in den Rang einer «Basilica minor» erhoben, wurde bereits im Ersten Weltkrieg und vor allem im Zweiten arg in Mitleidenschaft gezogen. Bomben und Granaten setzten ihr zu. Im Zuge ihrer Instandsetzung erhielt sie eine Altarinsel und ihre heutigen Glasfenster. Und die Instandsetzung dauert an: Derzeit wird die Kirche innen renoviert. «Wir beseitigen Kriegsspuren», so Ehlen. Die Kirche sei auch «im Inneren sehr verwundet». Neben anderem erneuert werden muss der Fußboden - darunter Gräber über Gräber. In der Liebfrauenkirche, weiß Ehlen, lägen die Domgeistlichen des ganzen Mittelalters begraben: «Wir gehen hier immer über einen Friedhof.»

Derzeit ist die Basilika nicht zugänglich. Ehlen hofft, dass Ende 2009 wieder Gottesdienste in ihr gefeiert werden können. Die Kosten für die Innenrenovierung - Motto: «Die Rose neu erblühen lassen» - sind mit vier Millionen Euro veranschlagt. Angeschafft werden muss auch noch eine neue Orgel. Und die auf Stein aufgetragenen 500 Jahre alten Apostel-Bilder müssen ebenfalls noch restauriert werden. Ehlen: «Sonst fallen die uns bei Gelegenheit von den Säulen.»