Außer Päpsten sind im Petersdom vier besondere Frauen begraben

Die toten Königinnen im Vatikan

Im Petersdom liegen 148 Päpste unter der Erde - und vier königliche Frauen, eine sogar mit ihrer ganzen Familie. Wie kommen die da hin? Dieses Geheimnis lüftet die Historikerin Martha Schad in ihrem neuen Buch.

Autor/in:
Christoph Renzikowski
 (DR)

Die Augsburger Historikerin Martha Schad ist eine Spezialistin für vergessene Frauengestalten der Geschichte. Sie porträtierte Stalins Tochter, Hitlers Spionin und die mächtige Einflüsterin von Papst Pius XII. - Schwester Pascalina. Ihr neuester Coup: Im Petersdom, der weltberühmten Grablege der Päpste, sind auch vier Frauen bestattet; Königinnen ohne Land, fast ständig im Exil, ihre Geschlechter-Linien endeten alle mit ihrem Tod.

"Die Päpste liebten sie", lautet der vielsagende Titel und verleitet zunächst zu falschen Vermutungen. Denn Geliebte des jeweiligen Heiligen Vaters waren sie nicht und schon gar nicht dessen Kinder, von denen es vor allem in der Renaissance-Zeit nicht wenige gab.

Keine kirchlichen Ämter

Die Frauen bekleideten auch keine kirchlichen Ämter oder haben ein heiligmäßiges Leben vorzuweisen. Mathilde von Canossa (1046-1115) stand gar im Ruf einer "gefürchteten Kriegerin", wie Hans Maier bei der Buchvorstellung am Montag im Münchner Presseclub sagte.

Christine von Schweden (1626-1689), konvertierte Tochter Gustav Adolfs, schreckte selbst vor einem Mord nicht zurück. Aber als "lebendige Trophäe der Gegenreformation" flogen ihr im katholischen Rom die Herzen zu. Ein mit ihr liierter Kardinal setzte sich über ihren letzten Willen hinweg und sorgte für eine prunkvolle Bestattung.

Charlotte von Lusignan-Savoyen (1444-1487) verlor den Kampf um ihr rechtmäßiges Erbe als Königin von Zypern gegen ihren intriganten Halbbruder. Von ihrem Mann verlassen, völlig verarmt und gedemütigt, nehmen sich der Reihe nach drei Päpste ihrer an und würdigen sie mit einem königlichen Begräbnis im Petersdom.

Und schließlich die vierte, Maria Clementina Stuart (1702-1735): die mit dem "traurigsten Schicksal, aber dem schönsten Grabmal" (Schad).

Die polnische Prinzessin ehelicht den aus England verjagten James III. Aus der Verbindung gehen zwei Söhne hervor, doch sie steht unter keinem guten Stern. Zwei Mal flieht Maria Clementina ins Kloster, unterlegen im Streit mit ihrem Gatten um die rechte Erziehung der Kinder. Kränkelnd stirbt sie, gerade mal 32 Jahre alt. Die Trauerfeier gerät so bombastisch, als wäre ein Papst gestorben. "Bei ihrem Tod weinten die Augäpfel der katholischen Kirche", heißt es in einem Nachruf auf die letzte katholische englische Titularkönigin.

Lebenswege durch acht Jahrhunderte

Die Lebenswege der vier Frauen führen durch acht Jahrhunderte. Ihre Biografien handeln von Macht und Aufbegehren, Frömmigkeit und Verrat, Armut und Verschwendung. Ein welthistorisches Ereignis ist mit Mathilde und ihrer damals als uneinnehmbar geltenden Stammburg verbunden.

Auch auf ihre Fürsprache hin löst Papst Gregor XII. im Jahr 1077 den Kirchenbann gegen den deutschen König Heinrich IV. nach dessen "Canossagang". Der Friede hält aber nicht lange. 13 Jahre später zieht Heinrich, inzwischen Kaiser, erneut in den Apennin, diesmal nicht um Buße zu tun, sondern um Mathildes Festung zu erobern. Doch den Sturm vereitelt plötzlich aufkommender Nebel.

Im Petersdom landet Mathildes Leichnam erst 500 Jahre nach ihrem Tod. Urban VIII. lässt sie überführen, beseelt von dem Wunsch, eine besondere Grabstätte für die "berühmtesten Toten Italiens" errichten zu lassen. Gian Lorenzo Berninis Statue zeigt die Markgräfin in triumphierender Pose: in der Rechten das Zepter, in der Linken Petrusschlüssel und Papstkrone. Das Marmorrelief auf ihrem Sarkophag hält die berühmte Szene von Heinrichs Kniefall in Canossa fest.

Seit nun bald 30 Jahren publiziert die freiberufliche Historikerin Schad ihre "Frauengeschichten", mit denen sie zur Pionierin ihrer Zunft wurde. Allmählich rundet sich das Werk der in Augsburg ansässigen Autorin. Wobei, ein Projekt hätte sie noch, verrät die 79-Jährige: Die 140 Heiligen-Statuen auf der Brüstung der Bernini-Kolonnaden rund um den Petersplatz, von denen sind doch immerhin 40 weiblich. Da sollte man mal...


Quelle:
KNA