Die Parteien in Südafrika buhlen mehr denn je im Internet um Stimmen

Wählerfang digital

Die junge Frau kann ihre Begeisterung kaum verbergen. "Das Internet ist unsere große Chance", sagt Sixolise Gcilishe. Die Südafrikanerin arbeitet im Wahlkampfbüro der Partei Volkskongress (COPE). Das Team setzt auf Onlinedienste wie Facebook. Gcilishe ist überzeugt: "Darüber erreichen wir unsere Wähler am besten." Mehr denn je buhlen die Parteien vor den Parlamentswahlen am 22. April online um Stimmen. Doch die Massen dürften davon kaum etwas mitbekommen.

Autor/in:
Ellen Reglitz
 (DR)

Das starke Engagement im Internet hat einen Grund: Das Interesse der jungen und internetaffinen Generation an den Wahlen ist so hoch wie nie. Insgesamt haben sich sechs Millionen junge Südafrikaner im Alter von 18 bis 29 Jahren ins Wählerverzeichnis eintragen lassen. Sie machen damit immerhin 14 Prozent der gesamten Wählerschaft aus.

Die Facebook-Gruppe von COPE zählt mittlerweile mehr als 20.000 Mitglieder. «Darüber halten wir die Leute auf dem Laufenden», erklärt Gcilishe. In Diskussionsforen tauschen sich die Anhänger der Partei über aktuelle Debatten wie die jüngst fallengelassene Korruptionsklage gegen den Präsidentschaftskandidaten des regierenden Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) Jacob Zuma aus. Ende vergangenen Jahres hatte sich der Volkskongress nach internen Querelen vom ANC abgespalten. COPE will eine erneute Zweidrittel-Mehrheit der Regierungspartei verhindern.

Das Internet könnte dabei eine wichtige Rolle spielen. «Es wird die Wahlen aber wohl nicht entscheiden», sagt Julia Weber von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Johannesburg. Auch deshalb, weil die Homepages der Parteien viele Möglichkeiten ungenutzt lassen: «Viel mehr als Wahlprogramm, Lebensläufe der Führungspersönlichkeiten sowie anstehende Termine sind dort nicht zu finden.»

Zudem nimmt das Internet am Kap längst nicht den Stellenwert ein, den es beispielsweise im US-Wahlkampf hatte. Denn dafür stimmen die Voraussetzungen nicht. Laut einer Statistik der «Online Publishers Association» sind gerade einmal 3,8 Millionen der rund 49 Millionen Südafrikaner online. Die meisten leben zudem in den Großstädten Johannesburg, Kapstadt, Pretoria und Durban.

Einflussreicher könnte deshalb der Rundfunkwahlkampf sein.
Erstmals in der Geschichte des demokratischen Südafrikas haben die Parteien kostenlosen Zugang zur Radio- und Fernsehwerbung. Für die Sendeminuten müssen sie nichts bezahlen. Doch die Produktion der Spots bleibt aufwendig und kostenintensiv. Für kleine Parteien ist die Finanzierung deshalb weiterhin schwierig. «Der ANC hat hier eindeutig die Nase vorn», sagt Weber.

Die Kosten für das Internet-Engagement sind vergleichsweise gering. Zoleka Ndayi ist Dozent am Institut für Internationale Beziehungen an der Witwatersrand-Universität in Johannesburg. «Viele Internetnutzer gehören einer gut ausgebildeten und wohlhabenden Minderheit an», erklärt er.

Besonders Oppositionsparteien wie COPE setzten auf diese Zielgruppe. Ndayi sieht darin ein Problem: «Auf diese Weise erfährt die Mehrheit der Wählerschaft, die keinen Zugang zum Internet hat, nichts von alternativen Sichtweisen.» Der moderne Wahlkampf könne somit zwar die Intellektuellen erreichen, sei aber für die armen Massen gar nicht sichtbar.