DOMRADIO.DE: Wie seid ihr zum Hip-Hop gekommen?
Alexander Oberschelp (O'Bros): Wir sind ja zwei Brüder und Hip-Hop war immer eine Liebe für uns, beziehungsweise eigentlich Gedichte. Ich habe, glaube ich, mit sechs oder sieben Jahren angefangen, Gedichte zu schreiben, und die gingen auch schon damals über unseren Glauben an Gott.
Irgendwann waren dann Gedichte nicht mehr cool, dann war Hip-Hop cool und dann haben wir angefangen, selbst auch Songs zu produzieren. Wir haben uns das als Jugendliche selbst beigebracht und unsere Liebe zum Glauben und unsere Liebe zur Musik einfach fusioniert.
Wir hätten aber niemals gedacht, dass daraus so etwas wie O'Bros entstehen würde. Also Musik, die mittlerweile echt viele Menschen hören. Aber es ist in gewisser Weise auch ein Traum, dass das geklappt hat.
DOMRADIO.DE: Ihr macht also, seit ihr mit Hip-Hop in Berührung gekommen seid, diesen sogenannten "Worshiphop". Worship heißt übersetzt Anbetung und in den Songs dreht sich somit vieles um Gott, seine Taten und die Schöpfung.
Oberschelp: Genau, es ist Hip-Hop, aber wir machen das aus einer Herzenshaltung heraus als gläubige Christen, dass wir wirklich alles, was wir machen, in irgendeiner Form zur Ehre Gottes machen wollen.
Natürlich auch die Songtexte, die wir schreiben. Das war, seit wir Kids waren, ein Teil von uns. Wir können das auch rückblickend gar nicht wirklich erklären. Das kam organisch einfach aus uns heraus.
DOMRADIO.DE: Hand aufs Herz, wie regelmäßig geht ihr denn in Gottesdienste?
Oberschelp: Wir gehen tatsächlich so gut wie jeden Sonntag in den Gottesdienst. Durch meinen Job als Musiker bin ich natürlich extrem viel in ganz Deutschland unterwegs. Das heißt, ich bin mal in München, mal in Berlin, mal in Köln. Das heißt, es ist sehr schwer, regelmäßig in den gleichen Gottesdienst zu gehen, in einer Kirche.
Aber immer, wenn wir können, versuchen wir, uns den Sonntag freizunehmen. Sobald sich das auch vielleicht irgendwann wieder ein bisschen legt und wir nicht mehr ganz so auf Achse sind, wird man mich auch jeden Sonntag wieder in der Gemeinde sehen. Es gibt mir einfach viel, gemeinsam mit anderen Gläubigen Gottesdienst zu feiern, mindestens einmal die Woche. Das gibt mir Halt in meinem Glauben.
DOMRADIO.DE: Ihr seid ja in der Freikirche engagiert. Holt ihr euch aus diesen Gottesdiensten Inspiration für eure Texte?
Oberschelp: Das wäre wahrscheinlich zu weit gesprochen. Nicht in den Gottesdiensten, sondern eher in unserem Glauben selbst. Da spielen natürlich extrem viele Einflüsse hinein. Das ist natürlich der Gottesdienst, das ist aber natürlich auch die Bibel. Das ist unser ganz persönliches Empfinden, unser Wahrnehmen als junge Christen in einer säkularisierten Welt.
Und ja, wir versuchen, das, was uns beschäftigt, unsere Liebe zu Gott, unsere Gebete, unsere Fragen, unsere Zweifel, unsere Kämpfe, aber auch unsere Freuden in diese Texte hineinzubringen. Insofern kommt unsere Inspiration eigentlich aus unserem Glaubensleben selbst. Das ist ja eine sehr persönliche Sache und deswegen irgendwie auch witzig, dass wir unser persönliches Glaubensleben so öffentlich in diesen Texten präsentieren.
Aber für uns ist es einfach eine Freude, andere Menschen zu ermutigen. Wir sehen in diesem Land viele, gerade auch junge Leute, die wirklich auf der Suche sind. Ich bin so tief davon überzeugt, dass der Glaube etwas sehr Positives ist und vielen Menschen Sinn, Wahrheit, Liebe, Annahme und Orientierung gibt.
Wir brennen einfach dafür, den Menschen von unseren Erfahrungen zu erzählen, und es passiert dann auch sehr oft, dass andere Menschen dadurch inspiriert und ermutigt werden. Das gibt uns die Leidenschaft, immer weiter zu machen.
DOMRADIO.DE: Die Kirchen werden immer leerer, immer weniger Jugendliche gehen in Kirchen. Gleichzeitig sind aber die Konzerte von euch beiden ausverkauft. Wie erklärt ihr euch das?
Oberschelp: Ich glaube, dass die jungen Leute ein bisschen missverstanden werden und sehr wohl eine große Sehnsucht nach Spiritualität und Glaube haben. Daran ändern auch Social Media und Gen Z nichts, das ist im Menschen drin. Und ich glaube, dass viele Kirchen es ein bisschen verpasst haben, die Sprache der jungen Menschen zu sprechen.
Natürlich ist es bekannt, dass die Kirchen immer leerer werden, aber ich nehme tatsächlich auch eine Trendwende wahr. Ich nehme wahr, und das lässt sich auch schon in den Zahlen in unseren Nachbarländern nachweisen, dass doch immer mehr Menschen, auch gerade junge Menschen, wieder Halt im Glauben suchen. Und ich denke, die Menschen, die zu unseren Konzerten kommen und zu den Gottesdiensten, die wir veranstalten, merken einfach, dass bei uns etwas Authentisches ist.
Wir verstellen uns nicht. Wir versuchen nicht, von einem Glauben zu erzählen, den wir selbst nicht leben. Und ich denke, dass die jungen Menschen da einfach nach Vorbildern suchen. So erkläre ich mir das auch, dass das so einen Anklang findet. Natürlich gab es so etwas in der Form auch noch nicht, dass wirklich eine Fusion aus Gottesdienst und Konzert in einem stattgefunden hat. Das zieht natürlich auch Leute an.
DOMRADIO.DE: Meint ihr, dass man junge Christen ermutigen muss, dass sie sich für ihren Glauben in Anführungsstrichen nicht schämen oder dass sie ihn auch öffentlich zeigen – und wenn es nur ein Kreuz ist, das man die ganze Zeit sichtbar trägt?
Oberschelp: Müssen nicht, aber wollen ja. Ich sehe leider viele junge Menschen, die sich bisher für ihren Glauben geschämt haben. Aber zum Glück sehe ich auch immer mehr Menschen, die sagen, dass es ein Teil von ihnen ist. Wieso sollte ich mich dafür schämen? Wieso sollte ich den Glauben verstecken? Denn ich glaube, dass, wie gesagt, der Glaube etwas sehr Positives ist. Deswegen war das für uns immer auch ein Anliegen, junge Menschen zu ermutigen.
Wenn du wirklich an Gott glaubst, dann verheimliche es nicht, als wäre das eine Krankheit, für die du dich schämst, sondern dann sei offen damit, sei tolerant damit, aber sei auch selbstsicher damit. Genauso wie jeder andere seinen Glauben oder seine Lebensweise zeigen kann, sollten wir Christen das auch tun.
DOMRADIO.DE: Wo Erfolg ist, wird natürlich auch schnell gebohrt, auch von Journalisten. Es gibt viele Medienberichte, die euch beispielsweise eine Nähe zu Rechtsradikalismus vorwerfen. Wie geht ihr damit um?
Oberschelp: Da liegt ein Missverständnis vor. Ich glaube, wenn man sich mit uns beschäftigt und mit unseren Songs und auch mit unserer Person, merkt man das. Wir wollen nicht, dass die Leute nach links oder nach rechts schauen. Schaut mal nach oben. Schaut mal nach innen. Das sind die Richtungen, die wir gerade in dieser gespaltenen Gesellschaft brauchen.
Und darin sehen wir unsere Aufgabe, dass wir den Menschen sagen, dass sie aufhören, nach rechts und nach links zu schauen. Schaut doch ein bisschen tiefer hinein in euch selbst und habt vor allem auch den Blick nach oben. Das ist das, was uns antreibt. Deswegen machen wir die Musik.
DOMRADIO.DE: In einer Liedzeile singt ihr: "Bist du nicht links, bist du rechts". Das ist ja schon eine politische Äußerung. Sollte christliche Musik politisch sein?
Oberschelp: Wenn du mich fragst, auf keinen Fall. Das ist auch tatsächlich die einzige Zeile von tausenden, die in diese Richtung geht. Aber auch die kann missverstanden werden. Wir hätten es auch andersherum sagen können: Bist du nicht rechts, bist du links. Was wir aber sehr wohl damit ansprechen, ist das Thema Spaltung. Das nehmen wir ja alle wahr. Spaltung sehen wir auch in den Nachbarländern, ganz krass natürlich in den USA. Das war es, was wir eben nicht wollen.
Es macht mich wirklich traurig, zu sehen, wie wir Menschen in unterschiedliche Lager und Kategorien einteilen und dabei den Sinn für die Gemeinschaft verlieren. Und das ist ja schon etwas Christliches. Wir wollen auf jeden Fall die Menschen zusammenbringen. Und diese Zeile zielt ganz konkret darauf ab, dass wir sagen: Gerade der Glaube kann etwas Verbindendes sein, dass du eben nicht mit dem Finger auf andere politische Richtungen zeigst.
Ich fände das so schön, wenn wir es schaffen würden, gerade auch als junge Menschen, über diese Hindernisse, diese Gräben hinweg Brücken zu bauen und uns zu verständigen. Kompromisse finden ist etwas sehr Christliches.
DOMRADIO.DE: Im Oktober startet eure neue Deutschlandtour. Was sollen denn eure Besucherinnen und Besucher mitnehmen?
Oberschelp: Ganz viel Freude, ganz viel neuen Lebensmut, ganz viel Hoffnung und vielleicht sogar eine innere Begegnung mit Gott, mit dem Göttlichen. Wir wollen mit unseren Konzerten einen Ort schaffen, an dem sich jeder wohlfühlt und zu dem jeder kommen kann. Egal, wie die Leute zum Glauben stehen.
Das sieht man auch in unserer Zielgruppe, die dort erscheint. Es ist super divers, wir haben verschiedenste Altersgruppen da. Wir wollen einen Ort bieten, wo das Menschliche mit dem Göttlichen in Verbindung, in Berührung kommen kann. Denn diese Orte gibt es so selten in der Gesellschaft. Beziehungsweise wir werden immer blinder dafür. Es gibt sie wahrscheinlich schon. Das Schönste, was ich mir vorstellen kann, ist, dass jeder Mensch aus unserem Konzert geht und mindestens eine Sache für sich mitnehmen kann für sein konkretes Leben.
Das Interview führte Oliver Kelch.