Die letzten Tage des Pontifikats von Benedikt XVI.

Politikerbegegnungen und ein Kardinalstreffen

Eine große Generalaudienz auf dem Petersplatz und ein Treffen mit Kardinälen bilden die letzten öffentlichen Termine, bevor Benedikt XVI. am 28. Februar den Hubschrauber Richtung Castel Gandolfo besteigt - und um 20 Uhr auf sein Amt verzichtet.

150.000 werden zum Abschied erwartet (KNA)
150.000 werden zum Abschied erwartet / ( KNA )

150.000 wollen Papst verabschieden

Zur öffentlichen Mittwochsaudienz werden am Vortag Besucherzahlen erwartet, die an die kirchlichen Hochfeste Weihnachten und Ostern heranreichen. Bis zu 150.000 Menschen wollen den Papst ein letztes Mal direkt erleben. Dazu soll die Audienz stärker von Gebeten geprägt sein. Des weiteren stehen eine Katechese sowie Grußworte auf dem Programm.

Über den Rahmen des Kardinalstreffens am letzten Pontifikatstag ist noch nichts Näheres bekannt. Man kann davon ausgehen, dass das 209 Mitglieder zählende Kollegium fast vollständig präsent sein wird und nur die reiseunfähigen Eminenzen fehlen. Ob es dabei nochmals eine größere Rede von Benedikt XVI. geben wird, oder ob er sich auf ein Grußwort beschränkt, ist offen. Sicher aber dürfte Kardinaldekan Angelo Sodano als Doyen des Kirchensenats das Wort ergreifen.

Zum letzten Mal in weißer Soutane

Wenige Stunden später, gegen 17 Uhr, besteigt Benedikt XVI. in den vatikanischen Gärten den Hubschrauber, der ihn und die Mitglieder seines Haushalts zum päpstlichen Sommersitz Castel Gandolfo bringt.

Dort dürfte er sich bei der Ankunft kurz am Balkon seines Palazzos zeigen und seine Mitbewohner der Kleinstadt kurz begrüßen. Und dort wird man ihn vermutlich zum letzten Mal in der weißen Papstsoutane sehen. Denn diese Farbe bleibt dann seinem Nachfolger vorbehalten. Ob der emeritierte Bischof von Rom künftig den schwarzen Talar des Priesters trägt oder ein violettes Bischofs- oder rotes Kardinalsgewand, steht noch nicht fest.

Am Samstagmittag hat Benedikt XVI. seinen letzten ausländischen Staatsgast empfangen - sieht man von Italien ab - den Guatemalteken Otto Fernando Perez Molina. Das seit längerem geplante Gespräch erfolgte in gleichem Stil und Rahmen wie die Begegnung mit Hunderten von Staatsgästen zuvor. Am Samstagabend stand dann eine Audienz für Mario Monti, dem amtierenden Regierungschef von Italien, auf dem Programm. Genau eine Woche später kommt Staatspräsident Giorgio Napolitano. Für den Bürgermeister der Stadt Rom ist unterdessen keine eigene Audienz mehr vorgesehen. Aber Gianni Alemanno will zusammen mit dem Stadtrat am Sonntagmittag zum Angelus-Gebet auf dem Petersplatz erscheinen.

Fastenexerzitien mit Kardinal Ravasi

Am Sonntagabend zieht sich Benedikt XVI. zu den traditionellen einwöchigen Fastenexerzitien mit der Kurie zurück. Dort hört er täglich drei Meditationen, die der vatikanische Kulturminister Kardinal Gianfranco Ravasi vorbereitet hat. Allerdings wird er auch in dieser Zeit täglich die Unterschriftenmappe mit aktuellen Vorgängen abarbeiten, die sein Privatsekretär Erzbischof Georg Gänswein ihm vorlegt.

Auch in seiner letzten Arbeitswoche folgt Benedikt XVI. seinem bisherigen Arbeitsschema. Für Montag, den 25. Februar sind Audienzen mit «einigen Kurienkardinälen» vorgesehen, vermutlich den Präfekten der Glaubens- und der Bischofskongregation, die ihren täglich festen Audienztermin beim Papst haben.

Spekulationen über letzte Bischofsernennungen

Ob und welche Anweisungen oder Ernennungen der Papst bei diesen Terminen noch verfügt, ist offen. Vatikan-Kenner erinnern sich, dass in den letzten Lebenstagen von Johannes Paul II. noch eine Fülle von Bischofsernennungen verfügt wurden. Sowohl die Katholiken in Erfurt wie die in Passau warten auf einen neuen Oberhirten.

Sicher wird Benedikt XVI. nicht in die Wahl seines Nachfolgers eingreifen. Aber vielleicht entscheidet er noch in einer Frage, in der Beobachter im Papstwahlrecht Interpretationsspielraum erkennen: Ob im Fall einer nicht durch Papsttod entstandenen Sedisvakanz der Konklavebeginn vorgezogen werden könnte. Laut Wahlordnung muss die Papstwahl zwischen dem 15. und 20. Tag nach Beginn der Sedisvakanz eröffnet werden, um den Teilnehmern die Anreise zu ermöglichen.

Sollte Benedikt XVI. den Wahlbeginn vorziehen, wäre es noch wahrscheinlicher, dass zu Ostern ein neuer Papst den Festtagssegen «Urbi et orbi» spendet.


Quelle:
KNA