Vor 62 Jahren wurde das Zweite Vatikanische Konzil angekündigt

Die Kurie war fassungslos

Mit dem Zweiten Vatikanische Konzil wollte Papst Johannes XXIII. die Kirche Ende der 50er Jahre in die Gegenwart katapultieren. Auch wenn die Reformen des Konzils heute selbstverständlich sind, nicht alle waren damals davon angetan.

Autor/in:
Hannah Krewer
Feierliche Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils am 11. Oktober 1962 / © Ernst Herb (KNA)
Feierliche Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils am 11. Oktober 1962 / © Ernst Herb ( KNA )

Rom, 25. Januar 1959: 17 Kardinäle und Papst Johannes XXIII. sind in St. Paul vor den Mauern versammelt. Eigentlich begehen sie den Abschluss der Gebetswoche für die Einheit der Christen – wie immer Ende Januar. Der Papst hält eine Ansprache und kündigt darin auf einmal völlig überraschend an, ein Konzil einberufen zu wollen. Nicht einmal 90 Tage ist er da im Amt.

Andacht oder Entsetzen?

Mit einem “eindrucksvollen, andächtigen Schweigen“ hätten die Kardinäle darauf reagiert, notiert Johannes XXIII. zwei Jahre später. Vielleicht mag es auch Entsetzen gewesen sein, denn längst nicht alle waren der Meinung, dass es an der Zeit für Reformen wäre.

Dabei war die Idee eines Konzils an sich nichts Neues. Die vorherigen Päpste Pius XI. und Pius XII. hatten eine Fortführung des Ersten Vatikanischen Konzils prüfen lassen, das 1871 auf unbestimmte Zeit vertagt worden war, nachdem der Kirchenstaat von Italien eingenommen worden war. Aber Johannes XXIII. wollte nichts Altes fortführen. Er wollte etwas Neues.

Warum gerade jetzt ein Konzil?

Ein Blick auf die Welt Ende der 50er Jahre: Der zweite Weltkrieg war seit noch nicht einmal 15 Jahren zu Ende. Der rasante technische Fortschritt machte sich breit, die modernen Medien hielten Einzug. Nicht umsonst gilt das Zweite Vatikanische Konzil als eines der ersten großen Medienereignisse. In seiner Rede zur Ankündigung des Konzils sprach der Papst eben davon, dass es in Kirche und Welt viel Gutes gebe, dass aber der Mensch seine Freiheit auch missbrauche. Und, dass moderne Annehmlichkeiten und technischer Fortschritt auch Versuchungen darstellen könnten.

Im Gespräch mit seinem Kardinalstaatssekretär Tardini soll sich Papst Johannes XXIII. nur wenige Tage vor seiner überraschenden Ankündigung gefragt haben: Was kann man tun, um der Welt ein Beispiel für Frieden und Eintracht zu geben? Und neue Hoffnung für die Menschheit? Die Antwort soll ihm dann direkt selbst über die Lippen gekommen sein: “Ein Konzil.“

Die beiden wichtigsten Stichworte dabei: “Aggionamento“ und “Approfondamento“: Wie muss die Kirche mit all ihren Traditionen auf die Herausforderungen der neuen Zeit reagieren?

Reaktionen seitens Kirche und Öffentlichkeit

Längst nicht alle Bischöfe sind mit den Plänen des Papstes einverstanden. In der Kurie herrscht Fassungslosigkeit. Der Bitte nach einem "vertrauten und vertrauenden Wort" bezüglich seines Plans, die der Papst in seiner Rede ausgesprochen hatte, kommen nur wenige nach. Auch zur Vorbereitung des Konzils setzt sich der Kurienapparat nur langsam in Gang.

In der breiten Öffentlichkeit hingegen wird diese Ankündigung äußerst positiv aufgenommen. Mit Spannung wird erwartet, welche Themen auf dem Konzil wohl in den Blick genommen werden, gilt doch die Kirche damals vielen als verstaubt. Nicht umsonst sagt man Johannes XXIII. nach, er sei der Papst, der die Fenster aufreißen und mal ordentlich durchlüften wollte.


In der Kirche Sankt Paul vor den Mauern in Rom hängen Medaillons aller bisherigen Päpste. / © Gerlinde Pfirsching (KNA)
In der Kirche Sankt Paul vor den Mauern in Rom hängen Medaillons aller bisherigen Päpste. / © Gerlinde Pfirsching ( KNA )
Quelle:
DR