Die Kölner CDU hält Ausschau nach einem neuen Oberbürgermeisterkandidaten

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Zu beneiden ist Jürgen Hollstein derzeit wirklich nicht. Der Landtagsabgeordnete und Kölner CDU-Vorsitzende muss so schnell wie möglich einen Oberbürgermeisterkandidaten für seine Partei auftreiben - und die Zeit arbeitet gegen ihn. Nach dem Gebäudeeinsturz im Severinsviertel hat in Köln längst der Wahlkampf für die am 30. August geplante Kommunalwahl begonnen.

Autor/in:
Markus Peters
 (DR)

Doch fast eine Woche nach dem Verzicht von Amtsinhaber Fritz Schramma (CDU) auf eine erneute Bewerbung hat sich Hollstein bislang eine Absage nach der anderen eingehandelt.

Nach heftiger Kritik an seinem Krisenmanagement nach dem Gebäudeeinsturz hatte Schramma am vergangenen Sonntag erklärt, nicht mehr für eine erneute Kandidatur zur Verfügung zu stehen. Seit seinem Rückzug wirkt der 61-Jährige wie von einer schweren Last befreit. Ohne länger auf Ämter und Personen Rücksicht nehmen zu müssen, ging der Altphilologe mit der Landespartei hart ins Gericht. Diese, so lautete sein Tenor, habe ihn in der Stunde der Not im Stich gelassen, CDU-Landeschef Rüttgers sei trotz stundenlanger Bemühungen für ihn nicht zu sprechen gewesen.

Die Nerven liegen blank
In der Düsseldorfer Parteizentrale reagierte man pikiert, vermied aber eine offene Replik. Aus Parteikreisen hieß es, Schramma sei beratungsresistent gewesen und habe die klüngelverseuchten Kölner Christdemokraten nie in den Griff bekommen. Jürgen Hollstein sah sich genötigt, seinem attackierten Landesvorsitzenden beizuspringen: "Es gab und gibt die helfende Hand der CDU Nordrhein-Westfalen." Schramma habe sich neun Jahre lang für Köln und die Kölner aufgeopfert. Nach einem "unglaublichen Kesseltreiben" lägen seine Nerven "verständlicherweise blank."

Immerhin verhehlt Hollstein nicht, wie schwer seine Mission ist: "Den OB-Kandidaten der CDU kann man nicht nach Rezept backen, den muss man mit allem gebotenem Respekt vor dem höchsten Amt, das die Wählerinnen und Wähler in der Millionenstadt Köln zu vergeben haben, mit Besonnenheit auswählen".

Wolfgang Bosbach, Unions-Fraktionsvize und Bundestagsabgeordneter aus Bergisch Gladbach sagte den Kölnern inzwischen ebenso ab, wie die Kölner CDU-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin, Ursula Heinen. Auch die in Köln lebenden drei Enkel des ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer stehen nicht für das Oberbürgermeisteramt zur Verfügung. Zuletzt winkte Ulrich Soénius, Geschäftsführer der Kölner Industrie- und Handelskammer, ab. Eine Kandidatur sei mit seinen beruflichen und privaten Verpflichtungen nicht vereinbar.

Zerstrittene Partei
Dass Hollstein selbst antritt, gilt in Parteikreisen derzeit als wenig wahrscheinlich. Der Landtagsabgeordnete war erst vor einem Jahr zum Nachfolger von Walter Reinarz gewählt geworden, der wegen der öffentlichen Debatte um seine Pensionsbezüge als Vorstand bei den Kölner Verkehrsbetrieben (KVB) den Parteivorsitz abgeben musste. Derzeit steht Reinarz wegen seiner Verantwortung für den Bau der Nord-Süd-Stadtbahn massiv unter Druck.

Wie es um die Kölner CDU bestellt ist, zeigt sich derzeit am Kölner Landgericht. Dort wird seit Monaten verbissen eine Parteispendenaffäre aus dem Jahr 1999 um den früheren Parteichef Richard Blömer verhandelt. Bei dem äußerst schleppend verlaufenden Verfahren überhäufen sich die angeklagten "Parteifreunde" mit massiven Vorwürfen und Beschimpfungen. Wer immer für die CDU in Köln antritt, er wird es also auch mit einer weithin zerstrittenen Partei zu tun bekommen. Und niemand kann garantieren, ob tatsächlich schon alle Affären aus der Vergangenheit an den Tag gekommen sind.

Der Kölner CDU-Fraktionschef und ehemalige Leitende Polizeidirektor Winrich Granitzka könnte über dem parteiinternen Zank stehen. Er wurde während eines lange geplanten Familienurlaubs in den Mangrovenwäldern Floridas von Schrammas Rückzug überrascht. Seitdem hält er über E-Mails von Internet-Cafés und Handy den Kontakt zur Partei. Ob er kandidieren würde, ist nicht bekannt.