Die Kirchen fordern ein Ende der Gewalt in Nigeria

Entsetzen und Trauer

Die Kirchen in Deutschland haben mit Bestürzung und Appellen auf die Gewalt in Nigeria reagiert: Die katholischen Bischöfe rufen zum Gebet für die Opfer und deren Angehörige auf. Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider fordert im domradio.de-Interview Muslimenvertreter weltweit zum Handeln auf.

 (DR)

Die Muslimische Weltgemeinschaft müsse beraten, wie man einer Sekte wie Boko Haram die Legitimation des Glaubens entziehen kann, sagte Präses Nikolaus Schneider am Montag (23.01.2012). "Wenn Gelehrte das in aller Öffentlichkeit deutlich brandmarken würden, gerade bezogen auf Boko Haram, wäre das sicher auch ein guter Beitrag dazu, dass diese Gewalt nicht weiter um sich greift."



In einer Reihe von angebrachten Aktionen gegen die Gewalt in Nigeria nannte Schneider den Muslimen-Appell als dritten. Auch der Staat sei gefragt, für die Sicherheit der Menschen im Land und eine gerechte Verteilung des Reichtums zu sorgen.



Katholiken rufen zum Gebet auf



"Mit Entsetzen und Trauer" verfolge er die Nachrichten über die erneuten Terroranschläge, erklärte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, bereits am Sonntag in Freiburg. Er forderte die Christen in Deutschland auf, für die Opfer der Anschläge, die trauernden Familien und für Frieden in Nigeria zu beten. In der nordnigerianischen Stadt Kano waren am Freitag mehrere Sprengsätze in Büros von Polizei, Staat und Geheimdiensten gleichzeitig explodiert. Dabei starben mindestens 160 Menschen.Die radikal-islamische Terrororganisation "Boko Haram" bekannte sich zu den Anschlägen. Die Gruppe bedrohe mit ihren extremistischen Zielen auch die Weltgemeinschaft, erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz weiter.



Erzbischof Zollitsch besuchte Nigeria im Herbst 2009 und hat seitdem immer wieder zu einer friedlichen Lösung der Konflikte in dem afrikanischen Land aufgerufen. Boko Haram, ursprünglich eine lokale Bewegung fundamentalistischer Islamisten, macht seit Monaten mit immer brutaleren Angriffen auf sich aufmerksam. Die Gruppe soll Verbindungen zum Terrornetzwerk Al-Kaida haben. Bei Anschlägen auf vier Kirchen an Weihnachten waren mehr als vierzig Menschen ums Leben gekommen.



Präsident kündigt Härte an

Medienberichten zufolge gab es im Norden Nigerias auch in der Nacht zum Sonntag erneut Tote. Über die Millionenstadt Kano wurde vorübergehend eine Ausgangssperre verhängt. Die Behörden hatten offiziell zunächst nur den Tod von sieben Menschen bestätigt.



Nigerias Präsident Jonathan Goodluck verurteilte die Anschläge und kündigte an, mit aller Härte des Gesetzes gegen die Verantwortlichen vorgehen zu wollen. Die Täter seien "Feinde" der Demokratie. Nach Angaben der nigerianischen Zeitung "Daily Trust" erklärte Boko Haram, die Angriffe seine eine Vergeltungsaktion für die Weigerung der Regierung, inhaftierte Mitglieder der Gruppe freizulassen. Der Name der Sekte bedeutet übersetzt "Westliche Bildung ist Sünde". Die Mitglieder der islamistischen Gruppierung wollen einen radikalislamischen Gottesstaat in Nigeria errichten.



Seit Weihnachten sind nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mindestens 270 Menschen bei Anschlägen von Boko Haram getötet worden. Mehrere Zehntausend Christen seien in den vergangenen Wochen aus dem mehrheitlich von Muslimen bewohnten Norden des Landes geflohen. Nach den Anschlägen vom Freitag habe die christliche Bevölkerungsgruppe der Ibo die Flucht von weiteren drei Millionen Menschen angekündigt.



Mit rund 160 Millionen Einwohnern ist Nigeria das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Im Norden Nigerias leben überwiegend Muslime, im Süden Christen. Insgesamt bekennen sich etwa 50 Prozent der Bevölkerung zum Islam und zwischen 45 und 48 Prozent zum Christentum.