Die katholische Kirche verteidigt die Interessen der Umwelt

Lateinamerikas Anwältin der Natur

Ob Staudamm im Amazonas, Bergbauprojekt in Guatemala oder umstrittene Palmölplantagen in Kolumbien: Die katholische Kirche in Lateinamerika wird als kritische Begleiterin großer Industrieprojekte immer mehr zum grünen Gewissen des Subkontinents.

Autor/in:
Tobias Käufer
 (DR)

Fast täglich übernimmt irgendwo in Lateinamerika ein Kirchenvertreter die Rolle eines "Umweltanwalts" vor allem für die ärmeren Bevölkerungsschichten. So wie der "Amazonasbischof" der Prälatur Xingu, Erwin Kräutler, der seit Jahren die Planungen zu Megastaudamm Belo Monte in Brasilien kritisiert: "Lula wird uns in Erinnerung bleiben als der Präsident, der den indigenen Völkern des Xingu-Flusses ein Ende bereitet hat", greift er Staatspräsident Luiz Inacio Lula da Silva scharf an.



In Guatemala tobt seit Monaten ein Streit zwischen der katholischen Kirche und der Regierung von Staatspräsident Alvaro Colom. Kardinal Rodolfo Quezada Toruno verurteilte die jüngst beschlossene Verlängerung der Lizenz für zwei ausländische Firmen, die in der Ölförderung und dem Goldbergbau tätig sind. Die Kirche sieht eine Gefahr schwerer Umweltschäden für die Region. Auf dem Höhepunkt des Konfliktes brach Quezada alle Kontakte zum Präsidentenpalast ab.



Wir sind besorgt und erwarten Gerechtigkeit"

In El Salvador übernimmt die Kirche im Giftmüllskandal um die Batteriefabrik von San Juan Opico die Rolle des kritischen Beobachters: "Wir sind besorgt und erwarten in jedem Sinne des Wortes Gerechtigkeit", sagte Erzbischof Jose Luis Escobar Alas mit Blick auf die schleppenden Ermittlungen. Bereits vor drei Jahren war die Fabrik eines lokalen Batterieherstellers geschlossen worden, weil das Unternehmen wiederholt gegen Umweltauflagen verstoßen hatte.



Seitdem gilt ein weiträumiges Gebiet um das Fabrikgelände als vergiftet. In der unmittelbaren Nähe des Geländes in der betroffenen Gemeinde San Juan Opico wohnen etwa 4.000 Menschen. Die dort von der Umweltbehörde gemessenen Bleiwerte übertreffen die zulässigen Werte ums hundertfache. Drei Jahre lang kämpfte die Kirche dafür, dass der Umweltnotstand ausgerufen wird - was kürzlich geschah.



Friedenspreisträger Marco Arana

Das Engagement für die Umwelt stärkt in vielen Regionen Lateinamerikas das zuletzt wegen zahlreicher Missbrauchsfälle angeschlagene Image der Kirche. Und es produziert neue Persönlichkeiten, die auch international wahrgenommen werden. Der suspendierte peruanische Priester Marco Arana verteidigt seit Jahren die ökologischen und sozialen Rechte der armen Landbevölkerung gegen das größte Goldbergwerk Südamerikas, Yanacocha.



Das US-Magazin "Time" kürte Arana jüngst zum "Helden der Umwelt", in Deutschland wurde er vor wenigen Tagen mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet. Ob die Popularität allerdings ausreicht, um auch in der Politik zu bestehen, muss Arana erst noch beweisen. Bei der peruanischen Präsidentschaftswahl im April 2011 wird sich zeigen, ob der ökologische Ansatz seiner Partei "Land und Freiheit" (Tierra y Libertad) auch mehrheitsfähig ist.