Die Jahrestagung der katholischen Auswandererberatungsstellen beginnt

Begleitung der "Menschen unterwegs"

Rund 140.000 Deutsche haben im vergangenen Jahr ihre Heimat verlassen, um in anderen Ländern Arbeit, Auskommen und ein vielleicht angenehmeres Leben zu finden. Dem katholischen Raphaels-Werk kommt in ihrer Begleitung eine besondere Rolle zu.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
 (DR)

Das 1871 gegründete Werk ist nicht nur Deutschlands älteste gemeinnützige Auswandererberatungsorganisation, das Generalsekretariat des Raphaels-Werks in Hamburg koordiniert seit 2007 auch alle Auswandererberatungsstellen der Wohlfahrtsverbände im Auftrag des Bundesverwaltungsamtes und des Bundesfamilienministeriums. Von Dienstag (11.09.2012)bis Donnerstag findet in Hannover die Jahrestagung der gemeinnützigen Auswandererberatungsstellen statt. Bundesweit 14 Beratungsstellen stehen Auswanderern, Auslandstätigen, Flüchtlingen sowie Menschen in binationalen Partnerschaften zur Verfügung.



Ein Thema bei dem Treffen: Die weltweite Wirtschaftskrise macht viele Träume vom Neuanfang zunichte. Die Zahl von Rückkehrwilligen in den vergangenen Jahren signifikant zugenommen. Allein in den Beratungsstellen des Raphaels-Werks hat sich die Zahl solcher Anfragen im vergangenen Jahr auf rund 520 mehr als verdoppelt.



Immer mehr Notrufe

Zu der Fachtagung unter Leitung von Generalsekretärin Birgit Klaissle werden rund 35 Teilnehmer erwartet, größtenteils aus dem Netzwerk der gemeinnützigen Auswandererberatungsstellen, zu denen Caritas, Diakonie und Deutsches Rotes Kreuz gehören, außerdem sowohl Vertreter von Botschaften wichtiger Zielländer wie Australien als auch des Bundesverwaltungsamtes, des Bundesfamilienministeriums und des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).



Die Krankenversicherer sind beim Thema medizinische Versorgung gefragt, denn nicht selten stehen Deutsche nach jahrelangem Auslandsaufenthalt in ihrem Herkunftsland ohne Versicherungsschutz da. Die diffizile Frage, unter welchen Bedingungen Rückkehrer wieder in das deutsche Krankenversicherungssystem aufgenommen werden können, legt Burchard Osterholz, innerhalb des GKV-Spitzenverbandes in der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland tätig, in einem eigenen Workshop dar.



Immer häufiger erreichen die Beratungsstellen auch Notrufe - meist per E-Mail - von Bundesbürgern, die fern der Heimat mittel- und chancenlos geworden sind. Längst nicht immer erhalten Hilfesuchende in ihren Konsulaten Unterstützung, so das Raphaels-Werk. Meist werden sie angewiesen, sich zunächst in der eigenen Familie oder dem Bekanntenkreis Geld etwa für ein Flugticket zu besorgen. Leistet ein Konsulat doch Hilfe, wird diese fast immer als Darlehen gewährt. Auf die Gepflogenheiten der verschiedenen Länder geht Simone Maaßen-Krupke, Referatsleiterin im Auswärtigen Amt, in ihrem Vortrag "Rückkehr nach Deutschland: Nothilfe für Deutsche im Ausland" ein.



Nicht alle Zelte abbrechen

Ein weiterer Schwerpunkt der Tagung ist die bevorstehende Novellierung des Auswandererschutzgesetzes, über die Wolfgang Meincke, Referatsleiter im Bundesfamilienministerium, berichten wird. Im Kern geht es in dem Gesetz von 1975 um zwei Punkte: Die Beratung von Auswanderern ist in Deutschland genehmigungspflichtig und unterliegt einem Werbeverbot - in Zeiten des Internet beobachtet das Bundesverwaltungsamt aber auf diesem Gebiet viele "schwarze Schafe". Was genau die Novellierung bringen wird, ist laut Raphaels-Werk noch unklar.



Grundsätzlich empfiehlt die Organisation allen Auswanderungswilligen, nicht alle Zelte in Deutschland komplett abzubrechen, sondern für eine mögliche Rückkehr vorzusorgen - ob in Form von Anwartschaften bei einer Krankenversicherung oder der ganz banalen Fortsetzung persönlicher Kontakte. Denn nicht selten, so der Caritas-Fachverband, der 2011 über 10.000 Beratungen durchführe, stehen die Menschen nach dem Abenteuer Ausland mit leeren Händen vor einer Rückkehr nach Deutschland. Ein vermeidbares persönliches Fiasko - und eine Belastung für das Sozialsystem.