Die Islamkonferenz soll auch nach der Wahl weiter tagen

Fortsetzung folgt

Die Deutsche Islamkonferenz verlangt nach Fortsetzung. Auf ihrer vorerst letzten Sitzung Ende Juni legte sie deswegen auch kein Abschlussdokument, sondern eine "Zwischenbilanz" vor. Die Beteiligten sind sich einig: Die Treffen sollen weitergehen, viele Fragen sind noch ungeklärt. Offen ist, in welcher Form die Fortsetzung stattfinden soll. Hier gehen die Meinungen auseinander.

Autor/in:
Christoph Scholz
 (DR)

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte zum Auftakt des von ihm ins Leben gerufenen Dialogforums zunächst von einer Dauer von drei Jahren gesprochen, dann aber bald eine Terminierung aufgegeben. Das Ende der Legislaturperiode setzt der Arbeit des Gremiums aber vorerst einen Schlusspunkt. Offiziell verweist man im Bundesinnenministerium auf den Urnengang am 27. September. Die weitere Ausgestaltung «sei erst in der nächsten Legislaturperiode zu regeln», meint eine Sprecherin auf Anfrage. Schäuble hat aber schon klare Empfehlungen gegeben. Wichtig ist ihm vor allem, dass die Konferenz die Pluralität muslimischen Lebens in Deutschland widerspiegelt. Er mahnte im Bundestag eindringlich, die Zusammensetzung im bisherigen Sinne zu gestalten.

In diesem Falle würden die rund vier Millionen Muslime weiter sowohl vom organisierten Islam durch fünf Vertreter religiöser Verbände als auch durch zehn Einzelvertreter des nichtorganisierten Islam repräsentiert. Hinzu kämen wie bislang 15 Vertreter von Bund, Ländern und Gemeinden.

Verbände als einzig legitime Ansprechpartner?
Der Vorsitzende des Koordinierungsrates der Muslime in Deutschland, Ayyub Axel Köhler, verlangt allerdings, die Religions-Verbände als eigentlich legitimierte Ansprechpartner anzuerkennen. Und für den Generalsekretär des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman A. Mazyek, sind Islamkritiker keine Ansprechpartner, «da der gelebte Islam in Gemeinschaften stattfindet». Ein konstruktiv-sachlicher Dialog könne nicht funktionieren, «wenn man den Islam als ganzen in Frage stellt», so Mazyek gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Dahinter steht die offene Frage, ob der Islam allein als religiöse oder auch als kulturelle Größe zu verstehen ist; vor allem aber wer legitimiert ist, dies zu definieren, zumal es im Islam keine hierarchische Organisation analog zu den beiden großen Kirchen gibt.


Friedlicher Streik Ausdruck von Demokratie
Schäuble sieht gerade im friedlichen Streit zwischen liberalen Repräsentanten wie der Soziologin Necla Kelek und konservativen Verbandsvertretern wie dem Vorsitzenden des Islamrats, Ali Kizilkaya, einen Ausdruck von Demokratie und Toleranz. Tatsächlich gehört es zu den wesentlichen Ergebnissen der DIK, dass öffentlich sichtbar wurde, wie vielgestaltig der Islam in Deutschland ist.

Der deutsch-iranische Schriftsteller Navid Kermani geht noch einen Schritt weiter: Er verlangt eine demokratische Legitimierung der Teilnehmer, was schwierig sein dürfte. Er räumt selbst ein, dass die Verbände, die eine dazu erforderliche Wahl durchführen könnten, nur eine Minderheit von rund 10 bis 20 Prozent der Anhänger von konservativen Strömungen repräsentieren.

Konfliktthema Religionsunterricht
Unabhängig davon liegt der eigentliche Fortschritt der bisher vier Treffen wohl im Mentalitätswandel: Erstmals sprechen Vertreter von Staat und Muslimen gemeinsam über Probleme und suchen nach Lösungen. «Bislang befinden wir uns aber noch im Vorgarten der Veranstaltung», so Mazyek. Er verlangt einen Fahrplan für die künftigen Diskussionen. Ganz vorne steht dabei für ihn die Ausbildung deutscher Imame sowie die Einführung des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen.

Hierfür verlangt das deutsche Religionsverfassungsrecht eine anerkannte Religionsgemeinschaft als Ansprechpartner. Da der Islam aber keine kirchähnlichen Strukturen besitzt, gibt es für die rund 700.000 muslimischen Schüler noch keinen flächendeckenden Unterricht. Dennoch führen einige Bundesländer bereits Modellversuche durch. Mazyek will diesen pragmatischen Ansatz verstärken. Da die Kultur- und Bildungshoheit bei den Ländern liege, seien Islamkonferenzen auf föderaler Ebene durchaus sinnvoll - in Ergänzung zum Dialog auf Bundesebene.