Die Flut in Pakistan könnte der Regierung zum Verhängnis werden

Mit dem Wasser kommt politische Unsicherheit

Die Wut auf die Regierung wächst. Pakistan kämpft mit den Folgen der schlimmsten Flut seit 80 Jahren. Die Hilfe für die etwa 20 Millionen Betroffenen läuft nur schleppend an. Aber die Behörden haben in den Augen der Bevölkerung zu langsam auf die Katastrophe reagiert und zu wenig getan.

Autor/in:
Agnes Tandler
 (DR)

Mitten in der Krise richtet sich die Hoffnung vieler daher auf einen Mann, der wenig über sich preisgibt: Ashfaq Parvez Kayani.

Der Chef des mächtigen pakistanischen Militärs war in den vergangenen zwei Wochen rastlos in den Flutgebieten unterwegs, um sich ein Bild von der Situation vor Ort zu verschaffen. Um die 60.000 Soldaten wurden zur Fluthilfe abgeordnet. Der Einsatz der Armee stand in einem krassen Gegensatz zur Haltung der Regierung in Islamabad. Während Kayani mit dem Militärhubschrauber quer durch Pakistan flog, nutzte Staatschef Asif Ali Zardari den Helikopter für einen kleinen Abstecher in sein privates Schloss in Frankreich. Erst als die USA - der wichtigste Verbündete Pakistans - ein Machtwort mit dem Präsidenten sprachen, kehrte dieser missmutig nach Pakistan zurück.

Damit verstärkte sich das in Pakistan verbreitete Bild, dass auf zivile, demokratisch gewählte Regierungen kein Verlass ist und eine Militärherrschaft das kleinere Übel darstellt. Kayanis jüngster Erfolg bei der Hilfe für die Flutopfer und der Rettung von Menschenleben nährt Spekulationen, dass die Armee bald wieder die Zügel in der pakistanischen Politik in die Hand nehmen könnte.

Die Hälfte seiner 63-jährigen Geschichte wurde der islamische Staat von der Armee regiert. Das Militär zog sich zwar nach der Wahl 2008 aus der Politik zurück, blieb jedoch der entscheidende Machtfaktor im Hintergrund. Wie immer sich die Lage entwickelt, fest steht, dass die Krise die Beliebtheit des Militärs gestärkt hat.

Auswirkungen in den ärmsten Regionen
Die Flut betrifft besonders Regionen, die politisches Niemandsland sind. Die Krise könnte die Gegenden an der afghanischen Grenze noch weiter destabilisieren, und damit den aufständischen Taliban in die Hände spielen. "Ein wesentlicher Teil des Sicherheitsproblems liegt in der bereits schwierigen Situation diesen Regionen", beschreibt der pakistanische Analyst Ahmed Rashid die Situation. "Die Fluten und die heftigen Regenfälle hatten die schlimmsten Auswirkungen in den ärmsten und am wenigsten entwickelten Gebieten des Landes, wo Extremismus und eine Separatistenbewegung blühen", so Rashid. Dazu gehörten die Region im Norden, nahe Afghanistan, aber auch Teile der Provinzen Beluchistan im Westen und Sindh im Süden.

Im Norden des Landes führt die pakistanische Armee gerade eine Offensive gegen die radikal-islamischen Taliban. In den Kämpfen haben Millionen Menschen ihre Heimat verloren und sind auf der Flucht. Im Swat-Tal, wo die Armee vor einem Jahr die Extremisten vertrieben hatte, ist jede Brücke von der Flut zerstört worden, die meisten Straßen sind von den Wassermassen weggespült worden, die Stromversorgung ist unterbrochen und die Ernten sind zum großen Teil zerstört worden.

Damit wird die Macht und die Kontrolle des Staates in dem Tal nur rund 100 Kilometer von der Hauptstadt Islamabad weiter unterminiert. Das Vakuum könnten die Taliban für eine Rückkehr in die frühere Urlaubsgegend nutzen.

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