Die Filmfestspiele von Venedig präsentieren ein hochkarätiges Programm

Besserung gelobt

Mit der sizilianischen Familiensaga "Baaria - La porta del vento" sind am Mittwoch die Internationalen Filmfestspiele von Venedig eröffnet worden. In seiner 66. Ausgabe präsentiert das Festival bis zum 12. September ein hochkarätiges Programm mit über 70 Weltpremieren von Filmproduktionen aus über 30 Ländern. Den feierlichen Abschluss der Veranstaltung wird die Verleihung des Goldenen Löwen bilden. Ein Überblick.

Autor/in:
Barbara Schweizerhof
 (DR)

Die «Mostra d'Arte Cinematografico», die 1932 auf dem venezianischen Lido gegründet wurde, gehört zu den ältesten und renommiertesten Filmfestspielen. Nachdem es im vergangenen Jahr heftige Kritik am Festival gegeben hatte und über die mangelhafte Qualität der Filmauswahl wie auch die schlechte Organisation und das überteuerte Serviceangebot geklagt wurde, versprechen die Organisatoren in diesem Jahr Verbesserungen auf allen Ebenen. Festivalbesucher sollen in den Genuss diverser Vergünstigungen kommen, unter anderem im venezianischen Nahverkehr und in der Gastronomie.

Auch die Filmauswahl mit einer gelungen Mischung aus amerikanischem Starkino, europäischen Autorenfilmern und asiatischer Genrebreite hat zumindest auf dem Papier schon mehr zu bieten als die letztjährige Selektion. So laufen im offiziellen Programm unter anderem die neuen Filme von Altmeistern wie Jacques Rivette und Patrice Chéreau und von Autoritäten des amerikanischen Independent-Kinos wie Todd Solondz und Steven Soderbergh.

Dem stehen eventuelle Neuentdeckungen gegenüber wie Modemacher Tom Ford mit seinem Regiedebüt «A Single Man», in dem Colin Firth und Julianne Moore spielen. Mit großer Spannung wird insbesondere der neue Film von Michael Moore «Capitalism: A Love Story» erwartet, in dem es um die aktuelle Finanzkrise gehen soll. Es wird der erste Dokumentarfilm sein, der ins Rennen um den Goldenen Löwen geschickt wird. «Mostra»-Direktor Marco Müller sagte im Vorfeld, dieses Jahr sei es genau das Festival, das er habe machen wollen.
Vier deutsche Filme
Deutschland ist mit vier Produktionen vertreten: Im Wettbewerb präsentiert Fatih Akin seinen heiß erwarteten «Soul Kitchen», in dem eine heruntergewirtschaftete Kneipe im Zentrum steht, um die sich verschiedene multikulturell geprägte Figuren gruppieren und aus der ein neuer Pächter ein Szenelokal machen will. Als deutscher Wettbewerbsbeitrag läuft auch das Spielfilmdebüt der im Iran geborenen und in den USA lebenden Videokünstlerin und Fotografin Shirin Neshat. Bei ihrem «Women Without Men» handelt es sich um eine Literaturverfilmung, die das Schicksal verschiedener Frauen im Iran während des dortigen Staatsstreichs 1953 beleuchtet.

Ebenfalls in der Wettbewerbsauswahl vertreten ist die deutsche Autorenfilmlegende Werner Herzog. Sein Remake des Abel-Ferrara-Films «Bad Lieutenant», in dem Nicolas Cage, Val Kilmer und Eva Mendes auftreten, zählt produktionstechnisch jedoch zu den amerikanischen Beiträgen. Die zwei übrigen deutschen Filme werden in der Nebensektion «Orrizzonti» gezeigt: Romuald Karmakar hat einen Dokumentarfilm über den TechnoDJ Ricardo Villalobos gemacht, und das Regieduo Christian Becker und Oliver Schwabe («Egoshooter») erzählt in «Zarte Parasiten» von einem jungen Herumtreiberpärchen; es spielen Robert Stadlober («Krabat ), Sylvester Groth (»Inglourious Basterds«) und Corinna Kirchhoff (»Die Frau aus dem Meer«).


Streit um Berlusconi-Doku
Zu den Filmen, über die in den kommenden Tagen viel geredet werden wird, gehört sicher auch die neueste Dokumentation des nie vor einer Kontroverse zurückscheuenden amerikanischen Regisseurs Oliver Stone. In »South of the Border« beschäftigt er sich mit dem Auftrieb, den die Linke in Lateinamerika durch den venezuelanischen Präsidenten Hugo Chavez erlebt hat. Der Film läuft außer Konkurrenz.

Die größte Diskussion hat allerdings im Vorfeld ein italienischer Beitrag ausgelöst, der nicht ins offizielle Programm aufgenommen wurde. In »Videocrazy« dokumentiert der italienische Filmemacher Erik Gandini den Aufstieg von Silvio Berlusconis Medienimperium. Das umstrittene Werk erregte Aufmerksamkeit, da der Staatssender RAI es in der vergangenen Woche ablehnte, einen Trailer zu senden - mit der Begründung, es handle sich um einseitige politische Propaganda. Nun haben gleich zwei Nebensektionen des Festivals in Venedig den Film in ihr Programm genommen. Er läuft als Eröffnungsfilm der »Woche der Kritik".