Die ersten beiden Tage der Weltbischofssynode

Wie hältst du's mit der Lehre?

Wohin die Weltbischofssynode führt, lässt sich nach zwei Sitzungstagen nicht sagen. Doch bereits jetzt besteht Klärungsbedarf: In welchem Verhältnis stehen kirchliche Lehre und seelsorgerische Praxis zueinander?

Autor/in:
Thomas Jansen
Synodenaula (dpa)
Synodenaula / ( dpa )

Die öffentlichen Äußerungen von drei herausgehobenen Teilnehmern der Synode, Kardinal Peter Erdö, Erzbischof Bruno Forte und Kardinal Reinhard Marx stimmten zwar prinzipiell darin überein, dass die Synode die kirchliche Lehre nicht verändern solle. Doch ihre Formulierungen ließen durchaus unterschiedliche Akzente erkennen.

Erdö, der Generalberichterstatter der Synode, hob in seinem Grundsatzreferat hervor, dass bei dieser Synode "nicht Fragen der Lehre, sondern praktische Fragen zur Debatte" stünden, die wiederum "untrennbar mit der Wahrheit des Glaubens verbunden" seien. Forte, der Sondersekretär der Synode, definierte die Bischofsversammlung als eine "pastorale Synode" mit der Aufgabe, "Seelen zu retten". Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Lehre "keinen abstrakten Wert in sich" darstelle.

Marx: Synode will Lehre weiterentwickeln

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Marx sagte am Montagabend vor Journalisten, es sei ihm ein "bisschen zu strikt" zu sagen, "wir rühren nicht an die Lehre und machen nur Pastoral". Das sei eine "Unterbewertung der Pastoral", so Marx, der auch dem Kardinalsrat für die Kurienreform angehört. Die Synode wolle die Lehre nicht verändern, aber "weiterentwickeln".

Als möglicher Weg, um Veränderungen in der Seelsorge theologisch zu rechtfertigen und gleichzeitig Sorgen zu zerstreuen, dass die Kirche ihre Lehre verwässere, wurde in den ersten beiden Tagen mehrfach auf das Konzept der "Gradualität" verwiesen. Was es damit auf sich hat, erläuterte Marx am Beispiel gleichgeschlechtlicher Partnerschaften:

Über eine homosexuelle Beziehung, die über Jahrzehnte treu gelebt werde, könne man nicht sagen, "das ist alles nichts". In solchen Fällen dürfe die Kirche nicht "einfach alles über einen Kamm scheren", sondern müsse es "genauer anschauen".

Anerkennung von Elementen einer Ehe?

Auffallend war, dass Vatikansprecher Federico Lombardi in seiner Pressekonferenz eine Stellungnahme über diesen moraltheologischen Ansatz ausdrücklich hervorhob. Der Redner habe darauf verwiesen, dass das Zweite Vatikanische Konzil ebenjenes Modell schon auf die nichtkatholischen Konfessionen angewandt habe. In dem angesprochenen Dokument über die Ökumene von 1964 wird festgehalten, dass zwar Kirche im Vollsinn nur in der katholische Kirche verwirklicht sei, jedoch auch in anderen christlichen Gemeinschaften Elemente einer Kirche vorhanden sein könnten. Ebenso könnte man auch mit Blick auf die Ehe verfahren und in nichtehelichen Beziehungen Elemente einer Ehe anerkennen, so lautete der Vorschlag nach Darstellung Lombardis. Wer sich in diesem Sinne äußerte, verriet der Vatikansprecher nicht.

 

Auf der Rednerliste für Montagnachmittag standen unter anderen der Wiener Kardinal Christoph Schönborn und der emeritierte deutsche Kurienkardinal Walter Kasper. Beide hatten vor der Synode in diesem Sinn argumentiert. Auch der britische Kardinal Vincent Nichols ließ bei der Pressekonferenz am Dienstag Sympathien für ein solches Modell erkennen: Es erlaube und ermutige die Menschen, "schrittweise auf dem Weg zur Heiligkeit ihres Lebens voranzuschreiten". Am Dienstag sollen das Thema nach Angaben eines Beobachters auch andere Redner angesprochen haben.

Wie die Mehrheit der Teilnehmer über diesen Ansatz denkt, blieb offen und muss sich in den kommenden zwei Wochen erweisen. Vor allem, wenn es um seine Konsequenzen für die seelsorgerische Praxis geht, etwa mit wiederverheirateten Geschiedenen, erwarten Beobachter eine kontroverse Debatte. Sie stehen an diesem Mittwoch auf der Tagesordnung.


Quelle:
KNA