Wie Katholische Unternehmer in die Zukunft blicken

"Die demografische Zeitbombe ist gewaltig"

Bei seiner Bundestagung geht der Bund Katholischer Unternehmer der Frage nach, wie sich Unternehmen und soziale Marktwirtschaft für eine erfolgreiche Zukunft aufstellen müssen. BKU-Chef Hemel erklärt, wie das gelingen kann.

Frau mit Atemschutzmaske / © Cristian Gennari (KNA)
Frau mit Atemschutzmaske / © Cristian Gennari ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie können wir zukunftsfähig wirtschaften? Eine Frage, die seit der Corona-Krise sicher noch viel dringender geworden ist. Unter anderem damit beschäftigen Sie sich, oder?

Prof. Dr. Dr. Ulrich Hemel (Vorsitzender des Bundes katholischer Unternehmer / BKU): Damit beschäftigen wir uns, denn in den letzten 20 Jahren haben wir eine wahrnehmbare Kluft zwischen Unternehmen und anderen Teilen der Gesellschaft festgestellt. Es ist unsere Aufgabe gerade auch als Unternehmer und Unternehmerinnen, diese Kluft zu schließen, indem wir neu auf die Gesellschaft zugehen, indem wir das Thema ökologische Nachhaltigkeit, finanzielle Nachhaltigkeit und soziale Nachhaltigkeit in der Praxis kombinieren.

DOMRADIO.DE: Für was wollen Sie die Tagung nutzen?

Hemel: Wir nutzen unsere Tagungen zum Austausch unter den Mitgliedern, aber auch zur Bewusstseinsbildung für eine werteorientierte Form der Unternehmensführung. Das ist genau unsere Aufgabe als BKU. Wir wollen zeigen, dass Unternehmen eben nicht nur Profit-Maschinen sind, sondern Veranstaltungen, die etwas zutiefst Menschliches haben. Wir wollen diese menschliche Seite des Wirtschaftens beleuchten und Anregungen dafür geben, wie es in der Praxis umgesetzt werden kann.

DOMRADIO.DE: Was ist nötig für zukunftsfähiges Wirtschaften?

Hemel: Ein Bewusstsein dafür, dass wir als Unternehmer und Unternehmerinnen eine ethische Haltung brauchen: Wir müssen lernen auszudrücken, für welche Werte und Normen wir stehen. Wir müssen lernen, in die Gesellschaft hinein, auch in unsere Belegschaften hinein zu kommunizieren, damit klar ist, wofür wir stehen und wohin wir gemeinsam gehen wollen. Denn die Menschen sind die gleichen Menschen, die morgens zu Hause aufstehen und dann im Betrieb arbeiten.

Die Kluft zwischen beiden Welten wollen wir vermindern, indem wir Betriebe zu einem Ort sinnerfüllten Lebens – nicht nur sinnerfüllten Arbeitens – machen möchten, ohne dass wir den Spagat zwischen Privatleben und beruflichem Leben ausbremsen wollten.

DOMRADIO.DE: Herausforderungen gibt es genug. Wie kann zukunftsfähiges Wirtschaften unter den aktuellen Herausforderungen einmal der Klimakrise und den Auswirkungen der Pandemie funktionieren?

Hemel: Zunächst einmal brauchen wir die Stimmen aller Beteiligten. Wirtschaft hat gelernt, dass Partizipation Vertrauen schafft. Deswegen setzen sich partizipative Formen von Führung auch immer stärker durch. Auch im Wirtschaftsleben und entgegen der Annahme vieler Menschen, die in anderen Bereichen, wie beispielsweise Bildung oder Medien arbeiten.

Da erfahren wir immer wieder, dass ein Bild der Wirtschaft vorherrscht, wie es womöglich vor 30, 40 oder 50 Jahren gewesen ist. Wir lernen, dass Partizipation, also Beteiligung, das Stimme geben, eben auch Vertrauen in die Richtigkeit von Maßnahmen schafft. Und Partizipation ist in diesem Sinne eng verbunden mit Transparenz und Klarheit der Ziele.

DOMRADIO.DE: Inwiefern spielt es eine Rolle, was politisch gerade passiert?

Hemel: Es spielt eine große Rolle, denn Wirtschaft muss sich ja auf die politischen Rahmenbedingungen einstellen, will das auch und Wirtschaft hat ja insbesondere das Interesse an stabilen Rahmenbedingungen. Und ich denke, die Bereitschaft der Wirtschaft, sich auf Veränderungen einzulassen, wird eher unterschätzt als überschätzt. Natürlich gibt es Lobbyverbände und natürlich gibt es Interessen. Aber ich finde, wir müssen zukunftsfähig wirtschaften. Wir haben beispielsweise auch darüber diskutiert, dass wir Subventionen auf den Prüfstand stellen.

Welche Subventionen richten sich an einem Wirtschaftsmodell der Vergangenheit aus, welche wiederum an einem Wirtschaftsmodell der Zukunft? Wir sind uns auch darin einig, dass wir das gerne technologieoffen gestalten möchten.

DOMRADIO.DE: Welche Themen wollen Sie in Sachen soziale, gerechte Wirtschaft setzen?

Hemel: Die letzte Regierung hat es versäumt, das Rentensystem zu reformieren und die demografische Zeitbombe ist für uns gewaltig. Dazu kommt die Notwendigkeit, junge Menschen für Bildung zu begeistern und eine gute Bildung zu ermöglichen, auch in digitalen Räumen. Das sind riesen Themen, also die digitale Bildung auch als Fähigkeit zur digitalen Selbstbestimmung und die "Wetterfestigkeit" des Rentensystems. Dazu haben wir einen eigenen Vorschlag vorgelegt und den werden wir weiter politisch diskutieren. Und wir werden an der Stelle sehr, sehr gerne unsere Stimme einbringen.

Das Interview führte Dagmar Peters.


Prof. Dr. Dr. Ulrich Hemel (privat)
Prof. Dr. Dr. Ulrich Hemel / ( privat )
Quelle:
DR