Die Debatte um den Biosprit geht weiter

Umstrittenes E10

Tank oder Teller? Seit der Forderung von Entwicklungsminister Niebel nach einem E10-Verkaufsstopp wird heftig über Sinn und Unsinn von Biosprit diskutiert. FDP-Generalsekretär Döring fürchtet eine "Vermaisung" landwirtschaftlicher Flächen. Auch Misereor wiederholte seine Kritik.

 (DR)

Die Debatte über das Für und Wider von Biotreibstoffen reißt nicht ab. Das katholische Hilfswerk Misereor forderte wegen der global steigenden Lebensmittelpreise die komplette Abschaffung des Biosprits E10 in Deutschland. FDP-Generalsekretär Patrick Döring warnte vor einer "Vermaisung" durch den massiven Anbau von Energiepflanzen in Deutschland. Umweltminister Peter Altmaier (CDU) verteidigte dagegen die Nutzung von Biomasse zur Herstellung von Treibstoffen.



Die Diskussion hatte vor wenigen Tagen Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) entfacht. Er forderte angesichts steigender Nahrungsmittelpreise einen vorläufigen Verkaufsstopp für den Biosprit E10.



Misereor-Geschäftsführer Pirmin Spiegel erläuterte, die Nutzung von Mais, Weizen und Rohrzucker für Treibstoff treibe die Lebensmittelpreise in die Höhe und führe zu Hunger in Entwicklungsländern. Um Platz für Biospritplantagen zu schaffen, würden zudem Bauern in Afrika und Asien von ihrem Land vertrieben, schrieb er in der "Bild am Sonntag". Dieses Land fehle dann wiederum für den Nahrungsmittelanbau. "Biosprit muss abgeschafft werden, denn er verschärft den Hunger in der Welt", unterstrich Spiegel.



Döring erklärte, das Thema habe "eine ethische Dimension". "Dass wir wertvolles Ackerland mit Pflanzen bebauen, aus denen Biosprit und Biogas hergestellt werden, ist weder sinnvoll noch nachhaltig", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Der FDP-Generalsekretär sorgt sich vor allem um die Folgen für Deutschland, wo es zu einer "Verknappung von Ackerland" kommen könne: "Wenn ganze Landstriche zu Maisanbaugebieten werden, ist das nicht die Kulturlandschaft, die wir in Deutschland historisch haben."



Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) bekräftigte dagegen, Biomasse sei "ein sehr vielseitiger und zuverlässiger erneuerbarer Energieträger, der eine wichtige Rolle für die zukünftige Energieversorgung unseres Landes spielt". Um einer "Vermaisung" der landwirtschaftlichen Flächen entgegenzuwirken, erhielten neue Biogasanlagen seit Anfang des Jahres nur noch die volle Vergütung, wenn maximal 60 Prozent Mais eingesetzt wird, sagte er der Zeitung.



Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, kritisierte, dass mit öffentlichen Geldern Monokultur und Raubbau gefördert werde. "Das muss man beenden", sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Sie forderte, alle staatlichen Anreize für den Anbau von Mais abzuschaffen. Niebels Vorstoß für einen E10-Verkaufsstopp bezeichnete Künast als "wohlfeile Worte". Wenn Niebel mehr machen wolle als "populistische Sprüche", müsse er sich dafür einsetzen, dass der Trend zu immer mehr Mais-Monokulturen für Biomasse gestoppt wird.



Auch Matthias Miersch, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, warf Niebel "plakativen Aktionismus" vor. "Um kurzfristig dem globalen Hunger durch die aktuellen Missernten entgegenzuwirken, bringt ein Verkaufsstopp von E10 nichts".



Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Christian Ruck (CSU) vertrat die Ansicht, dass man die "Tank-Teller-Diskussion" sehr ernst nehmen müsse. "Niebel hat Recht, dass er das Thema nicht in Vergessenheit geraten lässt." Im Moment sei aber, so Ruck, die Bioenergie nicht der Grund für Hunger in der Welt. "Der hat andere Ursachen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".



Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) kritisierte erneut scharf die Verbotsforderungen für E10. VDB-Geschäftsführer Elmar Baumann schrieb in der "Bild am Sonntag": "Die Ursachen für Hunger sind Bürgerkriege, Korruption und vor allem Armut, nicht Bioethanol." Subventionierte Agrarüberschüsse aus der EU und den USA hätten jahrzehntelang die Landwirtschaft in Afrika ruiniert.

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