Schon der Vater Lucas Cranach der Ältere war ein berühmter und geschäftstüchtiger Maler, ein Freund Luthers, übernahm aber auch Aufträge der katholischen Kirche. Die Cranachs gelten als die Maler der Reformation und neben Dürer als die berühmtesten Maler der Renaissance.
Diverse Ausstellungen würdigen in diesem Jahr die Cranachs. Die große Landesausstellung in Sachsen-Anhalt konzentriert sich ganz auf Lucas Cranach den Jüngeren.
Weltweit erste Ausstellung über Cranach den Jüngeren
Sachsen-Anhalts Landesausstellung «Cranach der Jüngere 2015» besticht mit Superlativen. So handelt es sich zunächst um die weltweit erste Ausstellung, die ausschließlich Lucas Cranach dem Jüngeren gewidmet ist.
Auf rund 850 Quadratmetern werden 120 Werke von Cranach dem Jüngeren präsentiert. Sie wurden aus Museen und Sammlungen aus der ganzen Welt zusammengetragen.
Präsentiert werden die Hauptexponate im Augusteum, dem Vordergebäude der einstigen Universität Leucorea. Als Höhepunkt kamen 13 kostbare Porträtzeichnungen von Cranach, die das Musée des Beaux-arts aus Reims in Frankreich als Leihgabe zur Verfügung gestellt hat. Die Werke wurden bislang nur ein einziges Mal gemeinsam gezeigt, 1951 in den USA.
Eng verbunden mit Wittenberg
In der Hauptschau geht es um Cranach dem Jüngeren als «Künstler der Reformation» sowie «Maler in Wittenberg». Der Cranach-Sohn hatte ein enges Netzwerk aus Familienmitgliedern, Druckern, Vertretern der Wirtschaft, Politikern und Wissenschaftlern geknüpft. Schließlich war er wie sein Vater nicht nur Künstler, sondern auch Ratsherr, Steuereinnehmer, Bürgermeister und Unternehmer. Zur Arbeit Cranachs als Reformationsmaler werden neben Bibeldrucken auch Bilder gezeigt, die als «Gemalte Bekenntnisse» gelten. Ergänzt wird die Schau mit einer «Pop up Cranach»- Mitmachausstellung, die speziell für Kinder, Jugendliche und Familien entwickelt wurde.
Selbstportrait als Mundschenk
Den besten Eindruck von der künstlerischen Bandbreite des Cranachschen Werks erhält man im Wittenberger Lutherhaus, wo 150 Gemälde und Zeichnungen des «Jüngeren» zu sehen sind, darunter international bedeutsame Leihgaben aus Paris, Oslo und Houston. Wer jedoch Lucas Cranach den Jüngeren höchstselbst in Augenschein nehmen will, muss zur evangelischen Johanniskirche nach Dessau pilgern.
Dort findet sich die einzige bislang bekannte bildliche Darstellung, von der Kunsthistoriker annehmen, dass es sich um Cranach den Jüngeren handeln könnte: Es ist eine Abendmahlsdarstellung, in die sich Cranach wohl als Mundschenk am Rande hineingemalt hat. Erkennbar am Siegelring mit dem Cranach-Wappen, einer geflügelten Schlange.
Geflügelte Schlange als Markenzeichen
Cranach der Jüngere hatte seinerzeit viel um die Ohren, nicht nur den Ausbau der erfolgreichen Werkstatt des Vaters zu einem europaweit agierenden «Kunstunternehmen». Auch die Ausbildung der zahlreichen Lehrlinge, die ihm von den adeligen Höfen aus dem ganzen Reich zur Ausbildung geschickt wurden.
Das Problem der künstlerischen Abgrenzung vom Vater war dabei nicht zuletzt ein hausgemachtes: Während etwa Albrecht Dürer jedem seiner Mitarbeiter einen eigenen Malstil zugestand und deshalb einzelne Maler durch ihre Handschrift identifizierbar sind, bestand Vater Cranach auf einem einheitlichen Werkstattstil, der für alle verbindlich war. Abweichungen unerwünscht. Der Grund war Geschäftstüchtigkeit: Cranach sollte eine «Marke» sein. Alles aus der Werkstatt, signiert mit dem Label «geflügelte Schlange», sollte als «echter Cranach» gelten.
Abgrenzung zum Vater
Das macht es bis heute schwierig, einzelne Werke eindeutig Vater oder Sohn zuzuschreiben. Da der Vater am Kunstmarkt mehr einbringt, ging manche Zuordnung schon deshalb zu dessen Gunsten aus. Dennoch können Experten heute einen weicheren Pinselstrich des Cranach-Sohns im Vergleich zum Vater ausmachen. Ein weiteres Talent entfaltete der Jüngere bei seinen eindringlichen Porträts: Etwa ein Holzschnitt von Philipp Melanchton aus dem Jahr 1558. Der Reformator wirkt gleichermaßen wach und müde, gelehrt und resigniert, umflort von der Tragik des Gescheiterten.
Wie schon sein Vater gehörte auch Cranach der Jüngere zu den maßgeblichen Propagandisten des reformatorischen Gedankenguts. Die Cranach-Werkstatt druckte in enger Zusammenarbeit mit Luther Flugblätter und produzierte quasi am Fließband Porträts der Reformatoren. Cranach der Jüngere perfektionierte dabei die Technik: So gibt es eine elfteilige Vorlage, die eine Gestalt zeigt, der wahlweise der Kopf von Luther, Melanchthon oder Jan Hus «aufgesetzt» werden kann.
Cranach deshalb auf einen «copy and paste»-Künstler zu reduzieren, wäre freilich ungerecht. Nicht zuletzt die Altäre und Epitaphe der Landesausstellung zeigen eindrucksvoll, wie er reformatorische Bildkonzepte weiterentwickelte und sich damit durchaus als eigenständiger Künstler emanzipierte – auch wenn die Öffentlichkeit dies lange ignorierte. (kna/epd)