Die Botschaft von Papst Franziskus zum Weltfriedenstag

"Gewalt ist eine Schändung des Namens Gottes"

Der Vatikan hat am Montag die Botschaft von Papst Franziskus zum Weltfriedenstag am 1. Januar veröffentlicht. Die Katholische Nachrichten-Agentur veröffentlicht Auszüge des Textes.

Als Zeichen des Friedens ließ der Papst eine Taube fliegen.  / © Luca Zennaro (dpa)
Als Zeichen des Friedens ließ der Papst eine Taube fliegen. / © Luca Zennaro ( dpa )

"Wer die Frohe Botschaft Jesu annimmt, weiß daher die Gewalt, die er in sich trägt, zu erkennen und lässt sich von der Barmherzigkeit Gottes heilen. So wird er selbst ein Werkzeug der Versöhnung, entsprechend dem Aufruf des heiligen Franz von Assisi: "Wenn ihr mit dem Mund den Frieden verkündet, so versichert euch, ob ihr ihn auch, ja noch mehr, in eurem Herzen habt!"

Wahre Jünger Jesu zu sein, bedeutet heute, auch seinem Vorschlag der Gewaltfreiheit nachzukommen. Er ist, wie mein Vorgänger Benedikt XVI. sagte, "realistisch, denn er trägt der Tatsache Rechnung, dass es in der Welt zu viel Gewalt, zu viel Ungerechtigkeit gibt; eine solche Situation kann man nur dann überwinden, wenn ihr ein Mehr an Liebe, ein Mehr an Güte entgegengesetzt wird. Dieses 'Mehr' kommt von Gott".

Und mit großem Nachdruck fügte er hinzu, dass "Gewaltlosigkeit für die Christen nicht ein rein taktisches Verhalten darstellt, sondern eine Wesensart der Person und die Haltung dessen, der so sehr von der Liebe Gottes und deren Macht überzeugt ist, dass er keine Angst davor hat, dem Bösen nur mit den Waffen der Liebe und der Wahrheit entgegenzutreten. Die Feindesliebe bildet den Kern der 'christlichen Revolution'." Zu Recht wird das Evangelium von der Feindesliebe (vgl. Lk 6,27) "als die Magna Charta der christlichen Gewaltlosigkeit betrachtet; sie besteht nicht darin, sich dem Bösen zu ergeben [...] sondern darin, auf das Böse mit dem Guten zu antworten (vgl. Röm 12,17-21), um so die Kette der Ungerechtigkeit zu sprengen."

(...)

Die entschieden und konsequent praktizierte Gewaltfreiheit hat eindrucksvolle Ergebnisse hervorgebracht. Unvergesslich bleiben die von Mahatma Gandhi und Khan Abdul Ghaffar Khan erreichten Erfolge bei der Befreiung Indiens sowie die Erfolge Martin Luther Kings jr. gegen die Rassendiskriminierung. Besonders die Frauen sind oft Vorreiterinnen der Gewaltfreiheit, wie zum Beispiel Leymah Gbowee und Tausende liberianische Frauen, die Gebetstreffen und gewaltlosen Protest (pray-ins) organisiert und so Verhandlungen auf hoher Ebene erreicht haben im Hinblick auf die Beendigung des zweiten Bürgerkriegs in Liberia.

Wir dürfen auch das epochale Jahrzehnt nicht vergessen, das mit dem Sturz der kommunistischen Regime in Europa endete. Die christlichen Gemeinschaften leisteten dazu ihren Beitrag durch inständiges Beten und mutiges Handeln. Einen speziellen Einfluss übten der Dienst und das Lehramt des heiligen Johannes Paul II. aus. In seinen Gedanken über die Ereignisse von 1989 in der Enzyklika "Centesimus annus"

(1991) hat mein Vorgänger hervorgehoben, dass ein epochaler Umbruch im Leben der Völker, der Nationen und der Staaten "durch einen gewaltlosen Kampf erreicht wurde, der nur von den Waffen der Wahrheit und der Gerechtigkeit Gebrauch machte".

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Die Kirche hat sich für die Verwirklichung gewaltfreier Strategien zur Förderung des Friedens in vielen Ländern eingesetzt und sogar die gewaltsamsten Akteure zu Anstrengungen für den Aufbau eines gerechten und dauerhaften Friedens gedrängt.

Dieses Engagement für die Opfer von Ungerechtigkeit und Gewalt ist nicht etwa ein ausschließliches Gut der katholischen Kirche, sondern es gehört zu vielen religiösen Traditionen, für die "Mitleid und Gewaltlosigkeit wesentlich sind und den Weg des Lebens weisen". Das betone ich mit Nachdruck: "Keine Religion ist terroristisch." Die Gewalt ist eine Schändung des Namens Gottes. Werden wir nie müde zu wiederholen, "dass der Name Gottes die Gewalt nie rechtfertigen kann.

Allein der Friede ist heilig. Nur der Friede ist heilig, nicht der Krieg!"

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Im Übrigen kann sich eine Ethik der Brüderlichkeit und der friedlichen Koexistenz zwischen Menschen und Völkern nicht auf die Logik der Angst, der Gewalt und der Verschlossenheit gründen, sondern muss auf Verantwortung, Achtung und aufrichtigem Dialog beruhen. In diesem Sinn appelliere ich für die Abrüstung sowie für das Verbot und die Abschaffung der Atomwaffen: Die atomare Abschreckung und die Drohung der gesicherten gegenseitigen Zerstörung können kein Fundament für diese Art der Ethik sein. Mit gleicher Dringlichkeit bitte ich, dass die häusliche Gewalt und der Missbrauch von Frauen und Kindern aufhören."


Quelle:
KNA