Auch die diplomatischen Beziehungen sollen laut Kanzlerin in absehbarer Zeit neu geregelt werden. Derweil zeigte sich Außenminister Guido Westerwelle besorgt über die Gefahr durch chemische Waffen in Libyen.
Libyen-Resolution: Merkel verteidigt deutsche Entscheidung im UN-Sicherheitsrat
Merkel verteidigte im NDR-Inforadio zugleich die deutsche Entscheidung zur Libyen-Resolution im UN-Sicherheitsrat. Bei der Abstimmung im März hatte sich Deutschland überraschend der Stimme enthalten. "Wir hatten unsere Gründe, und wir haben uns diese Entscheidung ja auch gut überlegt", unterstrich Merkel. Doch habe Deutschland von Anfang an den Erfolg der Mission gewollt. "Und deshalb ist es gut, dass das Regime von Gaddafi jetzt auch am Ende ist."
Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum kritisierte indes die deutsche Enthaltung. Die "Westerwelle-Doktrin" habe "schweren Schaden gebracht", sagte er "Spiegel Online". Wenn Westerwelle noch "einen Funken Selbstkritik haben" sollte, müsse er den militärischen Erfolg der Alliierten und der Aufständischen in Libyen "endlich anerkennen".
Westerwelle warnt vor möglichem Senfgas-Einsatz
Angesichts der verworrenen Lage in Libyen zeigt sich Außenminister Westerwelle derweil besorgt über die "hochgefährlichen" Chemiewaffen des Landes. Libyen sei im Besitz von mindestens elf Tonnen Senfgas, sagte der FDP-Politiker. Diese stellten in der jetzigen Situation eine "große potenzielle Gefahr" für die einheimische Bevölkerung dar.
Die Linke zeigte sich unterdessen empört, dass die UN-Resolution als "Deckmantel" für einen Krieg missbraucht worden sei. "Die NATO hat den libyschen Rebellen den Weg an die Macht freigebombt", sagte der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Wolfgang Gehrcke, in Berlin. Mit Racheakten und einem Kopfgeld auf Gaddafi kehrten jetzt "Wild-West-Methoden in Libyen" ein. Gehrcke: "Ein glaubwürdiger demokratischer Neubeginn ist das nicht."
Deutsche Wirtschaftshilfen, aber keine Soldaten
Merkel kündigte an, dass Deutschland der neuen libyschen Regierung beim Wiederaufbau tatkräftig unter die Arme greifen wolle, aber keine Soldaten in das nordafrikanische Land entsenden werde. "Das steht im Augenblick überhaupt nicht auf der Tagesordnung", sagte die Kanzlerin. Zunächst gehe es darum, die in Deutschland eingefrorenen Gaddafi-Gelder schnell wieder freizugeben. Nach offiziellen Angaben handelt es sich hier um 7,3 Milliarden Euro.
Derweil bereitet sich die Bundesregierung auch auf formelle diplomatische Beziehungen zu der neuen libyschen Regierung vor. Vom Übergangsrat sei bereits der künftige diplomatische Vertreter benannt worden, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes der Nachrichtenagentur dapd. "Die notwendigen weiteren Statusfragen werden jetzt gemeinsam mit dem Nationalen Übergangsrat geklärt." Inzwischen weht bereits die Flagge des Übergangsrates vor der libyschen Botschaft in Berlin.
Deutschland begrüßt absehbares Ende des Gaddafi-Regimes
Neue libysche Flagge über Botschaft in Berlin
Deutschland sieht das Regime des libyschen Machthabers Gaddafi am Ende. Es sei gut, dass die Umsetzung der UN-Resolution den erhofften Erfolg gebracht habe, sagte Bundeskanzlerin Merkel und stellte dem Nationalen Übergangsrat rasche deutsche Hilfen zum Wiederaufbau in Aussicht. Wie es in Libyen nun weitergeht, darüber spricht im domradio.de-Interview Hardy Ostry, der Leiter des Teams Nahost der Konrad-Adenauer-Stiftung.
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