Der Zwischenfall im Petersdom beschäftigt die Öffentlichkeit

Solidaritätsadressen und Internetdiskussionen

Solidaritätsadressen an den Papst, Genesungswünsche für den verletzten Kardinal Roger Etchegaray, Internetforen über die Täterin - der Zwischenfall von der Christmette im Petersdom, als eine offenbar geistig verwirrte Frau die Absperrungen übersprang und den Papst zu Boden riss, bewegt die Öffentlichkeit und die vatikanischen Sicherheitskräfte. Benedikt XVI. scheint indessen unbeeindruckt.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Weder bei seiner traditionellen Weihnachtsbotschaft am ersten Weihnachtstag, noch am Samstag ging er auf das Thema ein. Reagiert haben andere: Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano schickte dem Papst Genesungswünsche. Und Ministerpräsident Silvio Berlusconi, vor einigen Tagen bei einer Wurfattacke im Gesicht verletzt, ließ Grüße im Namen der Regierung und aller Italiener übermitteln. Die Italienische Bischofskonferenz versicherte dem Papst Verbundenheit und Gebet. Und Kardinal-Protodiakon Agostino Cacciavillan bekam diesmal besonderen Applaus, als er vor dem Segen "Urbi et orbi" am Freitagmittag die Ablass-Formel mit dem Wunsch verband: "Dass Gott uns den Papst noch lange an der Spitze der Kirche erhalte".

Benedikt XVI. blieb bei dem Zwischenfall offensichtlich unverletzt.
Weder bei der anschließenden Christmette, noch beim "Urbi et orbi"-Segen am ersten Weihnachtstag oder beim Angelus-Gebet am Samstag wirkten seine Sprache oder Motorik irgendwie verändert. Die schwersten Folgen der Attacke hat der frühere vatikanische "Krisenminister" Etchegaray zu tragen. Der 87-jährige Franzose, der bei der Prozession als Kardinal-Bischof unmittelbar vor dem Papst ging, stürzte im Handgemenge und zog sich einen Oberschenkhalsbruch zu.

Sein gesundheitlicher Allgemeinzustand sei gut, er sehe seiner Operation am Sonntag mit Optimismus entgegen, erklärte der Vatikan.
Der Kardinal erhielt bereits viele Genesungswünsche. Benedikt XVI.
ließ seine Grüße durch seinen Privatsekretär Prälat Georg Gänswein übermitteln, der am Freitagnachmittag ans Krankenbett in die "Gemelli-Klinik" fuhr.

Diskussion über den Schutz von Spitzenpersönlichkeiten
Unterdessen hat in Italien und im Vatikan eine Diskussion über den Schutz von Spitzenpersönlichkeiten eingesetzt, insbesondere des Papstes. Die Sicherheitskräfte sollten aufgestockt, der Sicherheitsabstand zu den Menschenmassen vergrößert werden, rieten Politiker und Kommentatoren. Der Vatikan versucht die Diskussion niedrig zu halten. Man veranschlage die Sache nicht allzu hoch. Es gebe immer wieder Leute, die sich dem Papst zu nähern versuchten.  Die meisten kämen in freundlicher Absicht, manche seien etwas übermotiviert oder mental unausgeglichen. Zu keinem Zeitpunkt habe jedoch Gefahr für das Leben des Papstes bestanden, versichert die Gendarmerie. Die bestehenden Sicherheitsmaßnahmen reichten aus.

Auch die 25-jährige Täterin Susanna Maiolo soll italienischen Medienberichten zufolge den Ärzten bei der Untersuchung versichert
haben: "Ich wollte dem Papst nicht Böses tun". Der offenbar geistig verwirrten Frau war es gelungen, die Barrieren zu überspringen und trotz Einschreitens der Sicherheitskräfte die Stola des Papstes zu fassen, woraufhin dieser das Gleichgewicht verlor und zu Boden fiel.
Die Frau, die bereits vor einem Jahr an fast der gleichen Stelle und mit der gleichen roten Jacke zum Papst vorzudringen versucht hatte, wird derzeit medizinisch betreut. Ihr Fall bleibt in vatikanischer Zuständigkeit. In den nächsten Tagen werde die Justiz den Bericht der Ärzte wie der vatikanischen Gendarmerie prüfen und über weitere Schritte entscheiden, teilte der Vatikan am Samstag mit.

Im Internet beschäftigen sich mittlerweile Diskussionsforen mit dem Zwischenfall. In dem Online-Netzwerk Facebook erklärten sich etwa bis Samstagnachmittag rund 1.000 User als Fans von Maiolo - und die Zahl steigt stündlich weiter. Neben unterstützenden gibt es aber auch kritische Kommentare auf der Webseite.

Einen absoluten Schutz für den Papst könne es nicht geben, betonte unterdessen Vatikansprecher Federico Lombardi. Solange der Papst seinen pastoralen Dienst wahrnehme wie bisher, mit öffentlichen Messen und Audienzen, bleibe immer ein Restrisiko. Der Preis für einen hundertprozentigen Schutz wäre zu hoch. Denn dann müsste sich das Kirchenoberhaupt unnahbar ins Innere des Vatikan einschließen.