Der Weltjugendtag in Madrid beruhigt das Verhältnis von Staat und Kirche

Kooperation statt Konflikt

Der Countdown läuft, nur noch wenige Tage bis zum Weltjugendtag in Madrid. Eine Mammut-Veranstaltung, die von allen Beteiligten höchsten Einsatz erfordert. Genau das scheinen sich auch die Regierung und die katholische Kirche in Spanien zu Herzen genommen haben.

Autor/in:
Manuel Meyer
 (DR)

Die Zusammenarbeit könnte besser nicht sein, betont Madrids Erzbischof, Kardinal Antonio Maria Rouco Varela. Die lobenden Worte über die Regierung von Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero mögen manchen überraschen. Schließlich prägten in den vergangenen Jahren vor allem zahlreiche Konflikte das Verhältnis von Kirche und Regierung. Seit Jahren sind die Spanier hauptsächlich Kritik von Varela gewohnt, der als Vorsitzender der spanischen Bischofskonferenz immer wieder hart mit den "kirchenfeindlichen" Gesetzesinitiativen der sozialistischen Regierung ins Gericht ging.



Gründe für Kritik gab es nach Ansicht der katholischen Kirche zuhauf. Erst verabschiedete Ministerpräsident Zapatero im Zuge seiner Sozialreformen die sogenannte Expressscheidung. Kurz darauf führte das neue Eherecht, das die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert und homosexuellen Paaren das Adoptionsrecht gewährt, zu Auseinandersetzungen. Hohes Konfliktpotenzial beinhaltete vor allem die Reformierung des Abtreibungsgesetzes, das Minderjährigen ab 16 Jahren das Recht gibt, ohne Einwilligung ihrer Eltern abzutreiben. Der Streit zwischen den spanischen Bischöfen und der Regierung eskalierte derartig, dass selbst Papst Benedikt XVI. beide Seiten zur Zurückhaltung aufrief.



Keine Ruhe auf Dauer

Wenige Tage vor dem Weltjugendtag scheint es hingegen, als könne die Harmonie zwischen Regierung und Kirche kaum größer sein. In der spanischen Presse ist so gut wie keine Kritik zu lesen, weder von der einen, noch von der anderen Seite. Als ein Grund für die Zurückhaltung der Regierung werden die Parlamentswahlen im November gesehen, vor denen man katholische Wähler nicht verärgern wolle. Die Kirche hingegen verhalte sich still, da sie bei der Ausrichtung der Massenveranstaltung auf Hilfe der Regierung angewiesen sei.



Der Waffenstillstand scheint jedoch nicht auf Dauer angelegt. "Wir haben die Konflikte keineswegs vergessen und haben auch nicht aufgehört, darauf aufmerksam zu machen", sagte Kardinal Varela der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die Kirche suche den Konflikt nicht, werde aber auch künftig nicht darauf verzichten, die Botschaft des Evangeliums zu vermitteln. Die kirchenfeindlichen Gesetzesreformen der Regierung seien darauf ausgerichtet, die Gesellschaft umzugestalten. Diese "laizistische Ausrichtung" sehe die Kirche äußerst kritisch. Ohnehin schreite die Säkularisierung in Spanien immer schneller voran, so Varela.



Hoffen auf den WJT-Effekt

Umfragen des staatlichen Meinungsforschungsinstituts (CIS) scheinen das zu bestätigen. Die Zahl sich bekennender Katholiken ist demnach in Spanien in den vergangenen zehn Jahren um zehn Prozent auf 71,7 Prozent gesunken. Nur noch rund die Hälfte der Neugeborenen wird getauft, weniger als die Hälfte aller Ehen werden vor dem Altar geschlossen. Immer weniger Eltern melden ihre Kinder den Angaben zufolge zum mittlerweile freiwilligen Religionsunterricht an.



Zwar gilt Spanien noch immer als eines der christlichen Kernländer Europas - Papst Benedikt XVI. wird jedoch kein leichtes Heimspiel haben, wenn er kommende Woche seine Füße auf spanischen Boden setzt. Trotzdem hofft Kardinal Varela auf einen positiven Einfluss des Papstes auf die Spanier. "Sein Besuch wird für viele ein Ansporn sein, den Katholizismus, der zur spanischen Tradition gehört, wieder ernster zu nehmen."