Der Vatikan will seine Beziehungen zu Peking normalisieren

Papst schreibt allen chinesischen Katholiken

Fast 20 Monate nach seinem Amtsantritt hat Papst Benedikt XVI. eines der großen ungelösten Probleme der Kirche und der vatikanischen Diplomatie in Angriff genommen: das Verhältnis zur Volksrepublik China und zur dortigen Kirche. Vermutlich zur Osterzeit will er einen Brief an alle chinesischen Katholiken richten und über seinen künftigen Kurs informieren. Unterdessen hat er am Montag mit dem taiwanischen Kardinal Paul Shan Kuo-hsi über die aktuelle kirchliche und politische Situation in China beraten.

 (DR)

Vatikan-Gespräche zur kirchlichen Lage in China
Das Kirchenoberhaupt empfing Bischof Shan Kuo-hsi am Montag in Audienz. Der Kardinal nahm bereits am Wochenende am vatikanischen China-Gipfel teil, bei dem hohe Kirchenvertreter über die Kirche in China und den Kontakt zu den Behörden der Volksrepublik debattiert hatten.

Ziel sei es, zu einer "Normalisierung der Beziehungen auf verschiedenen Ebenen zu kommen", hieß es im Anschluss. Zudem wolle sich Benedikt XVI. demnächst mit einem Brief an alle chinesischen Katholiken wenden. Dem Vernehmen nach plant der Vatikan zudem, eine Ständige Kommission für China einzurichten.

Papsttreu in China = Untergrund
Vermutlich wird er darin die Einheit der katholischen Kirche anmahnen, seinen Wunsch nach normalen Beziehungen zu den Behörden unterstreichen - einschließlich voller diplomatischer Kontakte - und zugleich Religionsfreiheit für die Katholiken fordern. Das zumindest sind die Empfehlungen eines hochkarätig besetzten China-Gipfels, der bis zum Samstag auf Einladung des Papstes im Vatikan tagte.

Seit 55 Jahren unterhält der Heilige Stuhl keine diplomatischen Beziehungen zur Volksrepublik China. Die etwa 13 Millionen Katholiken sind in dem Riesenreich in zwei Gruppierungen gespalten, eine regimenahe Patriotische Vereinigung chinesischer Katholiken und eine papsttreue Untergrundkirche.

Letztere ist immer wieder Repressalien ausgesetzt. Besonders aber irritieren den Vatikan die illegalen Bischofsweihen durch die Patriotische Vereinigung, die ohne Genehmigung des Papstes und teilweise auf Druck der Behörden erfolgen. Drei solcher Weihen ohne vatikanisches Placet gab es im Jahr 2006, jedes Mal folgte ein heftiger Protest des Vatikan. Denn diese Weihen sind - so weit sie von einem gültig geweihten Bischof vorgenommen werden - gültig, wenn auch unerlaubt. Sie bedeuten somit eine Spaltung der Kirche.

Bewegung in den vergangenen Jahren
Jedoch hat sich in den vergangenen Jahren hier bereits manches bewegt. Mit tiefer Dankbarkeit würdigte der Gipfel im Vatikan das "leuchtende Zeugnis" der Bischöfe, Priester und Gläubigen, die dem Papst kompromisslos die Treue bewahren und dafür leiden. Aber gleichzeitig - heißt es überraschend in dem Kommunique - habe man konstatiert, dass "fast die Gesamtheit der Bischöfe und Priester in Gemeinschaft mit dem Papst" steht. 85 Prozent sollen es nach Angaben des gutinformierten Pressedienstes asianews sein. Was bedeutet, dass sich inzwischen der Großteil der "patriotischen" Kirchenführer mit dem Papst ausgesöhnt hat oder vom Vatikan legalisiert wurde - auf welchem Weg auch immer.

Der China-Gipfel im Vatikan empfahl dem Papst, den respektvollen und konstruktiven Dialog mit den Pekinger Regierungsbehörden fortzusetzen, Unverständnisse der Vergangenheit zu überwinden und zu einer Normalisierung auf verschiedenen Ebenen zu kommen. Nicht durchgesetzt haben sich Kräfte, die für eine harte Linie gegenüber den Behörden eintreten. Der Vatikan sucht offenbar nach Kompromisswegen. Wiederholt hatten hohe Kirchenführer bereits in der Vergangenheit angekündigt, Rom sei bereit, seine Nuntiatur von Taiwan nach Peking zu verlegen.

Streitpunkt: Ernennungsrechts des Papstes
Diese Forderung, für chinesische Behörden eine Grundvoraussetzung, wiederholte auch am Wochenende ein Sprecher in Peking. Zugleich nannte er aber auch eine zweite Forderung, wonach sich der Vatikan nicht in innerchinesische Angelegenheiten einmischen solle. Gemeint ist das Ernennungsrecht des Papstes für Bischöfe, auf das der Papst jedoch auch in Zukunft sicher nicht verzichten wird. Allerdings hatte man den Eindruck, in dieser Frage habe sich in den vergangenen Jahren ein stillschweigendes Einvernehmen zwischen Rom und chinesischen Behörden entwickelt. Bei den den drei illegalen Ernennungen des vorigen Jahres habe es sich damit um "Pannen" gehalten.

Dem Vernehmen nach will der Papst demnächst eine Ständige Kommission für China einrichten. Die dürfte dann auch Vorschläge zu dem Papstbrief unterbreiten, der offenbar in einem ersten mehr theologischen Teil die Bedeutung des Zusammenhalts von Papst und Bischöfen für die Einheit der Kirche unterstreicht. Ein zweiter Teil soll dann konkrete Anweisungen für alle katholische Bischöfe, Priester und Gläubigen enthalten.