Der Theologe Jürgen Manemann zur nuklearen Katastrophe von Japan

"Bleiben wir apokalypseblind?"

Für das Bistum Hildesheim erstelle Professor Jürgen Manemann im vergangenen Jahr das Grundlagenpapier "Kirche – Kernerngie – Klimaswandel". Für domradio.de nimmt der katholische Theologe und Direktor des Forschungsinstituts für Philosophie Hannover nun Stellung zur Nuklear-Katastrophe von Japan.

 (DR)

"Entsetzt blickt man auf das, was zurzeit in Japan passiert. Wir alle sind gerade Zeugen einer nuklearen Katastrophe in Japan. Aber wird dies unsere Haltung zur Kernenergie in Deutschland verändern? Zweifel sind angebracht, wenn man den Bundesumweltminister hört. Bleiben wir weiterhin apokalypseblind, wollen wir nicht wahrhaben, was sich dort vor unseren Augen abspielt? Ich hoffe, dass wir endlich unsere verharmlosende Rede von Risiken im Blick auf unsere alten Atomkraftwerke aufgeben. Ein Risiko ist eine gedanklich vorweggenommene Katastrophe. Das heißt, sie ist zunächst ein Gedankenkonstrukt. Aber mit dieser aktuellen Katastrophe wird die Unterscheidung zwischen dem, was wir in Gedanken als ein Risiko vorstellen, und der tatsächlichen Katastrophe geringer. Unsere Atomkraftwerke sind zwar nicht durch Erdbeben gefährdet, aber immer noch durch Fehler von Menschen, ebenso durch Kettenreaktionen, die nicht beherrschbar sind. Vor allem aber ist keine unserer Anlagen vor terroristischen Angriffen geschützt. Diese Katastrophe gibt uns hier noch eine Atempause zum Denken, zum Nachdenken, die nicht zu nutzen, Frevel an den gegenwärtig und zukünftigen Lebenden ist."