Der Speyerer Bischof Wiesemann wird 50

Schlichte Feier im Kreis der Familie

Der Speyerer katholische Bischof Karl-Heinz Wiesemann wurde am Sonntag 50 Jahre alt. Im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur spricht er auch über den Missbrauchsskandal - und nimmt erstmals zu den umstrittenen Bebauungsplänen am Speyerer Rheinufer Stellung.

 (DR)

KNA: Herr Bischof Wiesemann, wie verbringen Sie Ihren 50. Geburtstag?
Wiesemann: Ganz schlicht im Kreis meiner Familie, mit meiner Mutter und meinen Geschwistern. Wir werden gemeinsam ein paar Tage wegfahren. Im Bistum feiere ich dann im Oktober mein silbernes Priesterjubiläum.

KNA: Wie groß ist in diesen von vielen Problemen und Skandalen geprägten Zeiten die Freude, Bischof zu sein?
Wiesemann: Die Freude speist sich aus dem Glauben. Auch Krisen kann man nur bewältigen, wenn man sie als geistliche Herausforderung sieht. Die jetzige Generation von Bischöfen steht in einem tiefgreifenden Umbruch. Unsere Vorgänger-Generation konnte noch vieles aufbauen, wir müssen den Umbau bewerkstelligen. Wir müssen sehen, was wir uns quantitativ leisten können, um qualitativ präsent zu sein. Dieser Umbau ist mit Abschied und Trauerarbeit verbunden. Aber letztlich ist auch diese Aufgabe eine geistliche Herausforderung.

KNA: Wer an die Vorgänge in Augsburg oder an den Missbrauchsskandal denkt, kann sich vorstellen, dass Sie in diesen Tagen viel zu hören bekommen.
Wiesemann: Ja, wir müssen uns diese Kritik anhören und mit den Menschen sprechen. Wir brauchen Transparenz. Ich verstehe, dass Menschen enttäuscht oder besorgt sind, wenn eine Werte verkörpernde Institution wie die Kirche an einigen Stellen deutliche Probleme offenbart. Am Beispiel Pädophilie zeigt sich: Wenn wir gradlinig unsere Schwierigkeiten lösen, können wir einen Beitrag dazu leisten, tiefer gehend und gesamtgesellschaftlich Veränderungen zu bewirken. Pädophilie gibt es nicht nur in kirchlichen Strukturen. So kann diese Krise einen Sinn für alle entfalten und ein gemeinsames Bewusstsein für ein hoch sensibles und wichtiges Thema schaffen.

KNA: Auf Anregung der Arbeitgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK), in der Sie die Bischofskonferenz repräsentieren, soll es ab diesem Jahr jeweils Anfang September einen ökumenischen "Tag der Schöpfung" geben. Aber nur in einigen Bistümern sind Aktivitäten geplant.
Welchen Stellenwert hat die Initiative?
Wiesemann: Ich sehe für das Thema großes Potenzial. Wir können als Christen gemeinsam Zeugnis ablegen. Wir sehen täglich, welche Konsequenzen es hat, wenn der Mensch und seine Umwelt nicht mehr als Schöpfung gesehen werden. Dann wird das Machbare zur Wahrheit. Viele Menschen tun sich sehr schwer damit, ihre Geschöpflichkeit anzuerkennen.

KNA: Zu Ihrer Bischofskirche. Es gibt einen kommunalen Streit über Baupläne nahe des Rheins, von denen auch der Kaiserdom betroffen wäre. Nach einem Ratsbeschluss wurde ein neuer Wettbewerb ausgeschrieben. Geht die Stadt Speyer angemessen mit ihrem Dom um?
Wiesemann: Der Dom ist nicht nur Bischofskirche, sondern auch Weltkulturerbe, und das sollte bei allen Plänen bedacht werden. Aber wir müssen unter den Bedingungen von heute leben. Wohnraum und Arbeitsplätze müssen entstehen können. Die meisten alten Kathedralen haben früher auch nicht frei in den Städten gestanden, sondern waren sehr eng von Wohnhäusern umgeben. Heute scheint oft nur schön zu sein, was alt ist. Wir trauen offenbar unserer Kultur nicht viel zu.

KNA: Also keine grundsätzlich Absage an die Pläne der Stadt?
Wiesemann: Mir ist wichtig: Wenn es um Bebauung geht, muss die Qualität stimmen. Qualität wird oft mit Kosten verwechselt, aber anspruchsvoll heißt nicht teuer. Städte müssen sich verändern und entwickelt können. Leben braucht Freiraum und Gestaltungsmöglichkeiten. Es reicht nicht, historisch zu konservieren. Das wäre tödlich. Wir müssen Akzente setzen. Es geht um Lebensqualität, um Kultur, um gesellschaftliche Aussagen. Und diese Debatte steht aus meiner Sicht noch aus.

Das Gespräch führte Michael Jacquemain.