Der Sächsischer Landtag wird neu gewählt

Die Qual der Wahl

Heute ist es in Sachsen wieder so weit: Der Landtag wird neu gewählt. Die CDU kann damit rechnen stärkste Kraft zu werden. Im domradio-Interview schätzt Christoph Pötzsch, Leiter des Katholischen Büros in Sachsen, die Wahl ein.

Der sächsische Landtag wird neu gewählt (dpa)
Der sächsische Landtag wird neu gewählt / ( dpa )

domradio.de: Sie arbeiten quasi an der Verbindungsstelle von Politik und Kirche. Wie groß sind da die Anknüpfungspunkte in der sächsischen Politik?

Christoph Pötzsch (Leiter des Katholischen Büros in Sachsen): Die sind durchaus groß und sympathisch. Es ist ja so, dass sich nach der friedlichen Revolution die Situation absolut grundlegend geändert hat auch im Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Das was man zu DDR-Zeiten überhaupt nicht ahnen konnte, ist jetzt zu einem guten Maß an Zusammenarbeit geworden. Zum Beispiel zu den Parteien, die in Regierungsverantwortung stehen aber auch zu den Parteien, die in der Opposition sind. Ich nehme die NPD hier aus. Es ist ein gutes, ein freundliches, kritisches aber durchaus auch ein solidarisches Miteinander entstanden.

domradio.de: Sie haben die NPD jetzt bewusst ausgenommen. Wir haben in dieser Woche schon mit Bischof Koch gesprochen. Er hat vor den extremistischen Parteien gewarnt und aufgerufen sie nicht zu wählen. Die NPD kann ja nach den jüngsten Umfragen auf einen Wiedereinzug rechnen. Sehen Sie da eine Gefahr für die Demokratie in Sachsen?

Pötzsch: Aber sicher! Diese Gefahr haben wir ja schon seit Jahren. Die NPD ist ja bereits in zwei Wahlperioden in Sachsen im Landtag gewesen, und hat ihren Geist oder Ungeist verkündet. Es ist ganz verblüffend, dass die NPD wieder auf die fünf Prozentmarge gekommen ist. Das ist wirklich erschreckend. Der Bischof hat vollkommen Recht. Man muss sehen, dass man versucht diese Partei nicht in den Landtag zu bekommen, und das bedeutet natürlich demokratisch wählen und vor allem überhaupt wählen zu gehen. Also die Wahlbeteiligung der letzten Wahl 2009 war über 50 Prozent. Das ist natürlich beschämend. Wenn man noch mehr aus dem Heer der Nichtwähler dazu bekommen könnte die demokratischen Parteien zu wählen, dann sinken die Chancen der NPD und das wäre für dieses Land und die Demokratie gut.

domradio.de: Wie groß sind denn die Hoffnungen, dass mehr Menschen zur Wahl gehen als vor fünf Jahren?

Pötzsch: Hoffnung ist immer da. Unsere beiden Bischöfe, also sowohl unser katholischer, als auch der evangelische Landesbischof, haben beide nochmal in einer gemeinsamen Erklärung ausdrücklich ins Land und nicht nur in die kirchliche Klientel hineingerufen und gesagt 'Leute, geht wählen!' Wählen ist ja gerade für uns im Osten, die wir auch noch ein Stückchen DDR-Sozialisierung haben, durchaus was ganz Besonderes. Also für mich ist das ein Festtag. Ich hab die Wahlen, die sogenannten Wahlen zu DDR-Zeiten erlebt. Das ist jetzt etwas anderes. Jetzt kann man mitbestimmen, und diejenigen, die nicht wählen gehen entheben sich damit auch der Möglichkeit später zu kritisieren. Nur der kann kritisieren, der selber in Verantwortung steht, und dazu gehört auch wählen zu gehen.

domradio.de: Wer wählt kann mitbestimmen über die Richtung der Landespolitik in den nächsten fünf Jahren. Was waren denn die wichtigsten Themen im Wahlkampf? Worüber wird gesprochen in Sachsen?

Pötzsch: Also in Sachsen steht das Thema Bildung ganz oben, und da bin ich auch sehr dankbar. Auch wenn es da zum Teil unterschiedliche Sichtweisen von Parteien gibt. Aber dass man Bildung so hoch ansetzt, dass ist tatsächlich ein großes Gut. Ich hab da mit nahezu allen Parteien, NPD wiederum ausgenommen, viele Gespräche gehabt und zumindest sind sich alle einig, dass Bildung die Nummer eins ist in unserem Lande Sachsen. Da gibt es durchaus ja auch gute Erfolge. Man hat in den letzten 24 Jahren im Freistaat Sachsen am Bildungssystem wenig herumgebastelt, wenig experimentiert. Das ist vielleicht auch ein Grund dafür, dass die Bildungsergebnisse in Sachsen positiv sind. Sachsen räumt ja regelmäßig bei PISA-Umfragen ab. Aber es gibt natürlich noch viel zu tun. Der Lehrkörper ist überaltert. Es müssen mehr Lehrer eingestellt werden. Das ist eine Herausforderung, die jetzt vor der neuen Regierung steht. Also wie gesagt das Thema Bildung hat dominiert, innere Sicherheit auch. Wir leben in Sachsen ja auch in einer Grenzregion. Da gibt’s Probleme: Polizeireform, Abbau von Polizistenstellen, gefühlte innere Sicherheit. Das sind so die Hauptthemen, die es bei uns gegeben hat. Wirtschaftlich steht Sachsen ohnehin nicht ganz schlecht da. Aber es ist natürlich auch eine Frage 'Sparen um jeden Preis oder Geld ausgeben für wichtige Themen?'.

domradio.de: Wenn man sich die letzten Umfragen anguckt, dann wird wohl die FDP auch aus dem sächsischen Landtag fliegen. Aber es könnte dazu kommen, dass insgesamt sechs Parteien dem neuen sächsischen Landtag angehören. Das könnten schwierige Mehrheitsverhältnisse werden, oder?

Pötzsch: Das könnten schwierige Mehrheitsverhältnisse werden, wobei ich muss mal sagen, die CDU steht in Umfragen so konstant um 40 Prozent, und wenn es alles so bleibt und wenn auch die anderen Parteien mit denen man rechnen kann, wie die SPD oder die Grünen, ihre Prozente einfahren, dann steht einer demokratischen Mehrheit nichts mehr im Wege. Ich glaube zu einer absoluten Mehrheit, wie zu Zeiten von Kurt Biedenkopf, wird es in Sachsen nicht reichen.

domradio.de: Was wäre das Beste für die weitere Zusammenarbeit gerade mit der Kirche?

Pötzsch: Ach wissen Sie, ich werde da jetzt keine Namen und keine Parteien nennen. Wir haben über die letzten 24 Jahre hinweg mit der CDU eine hervorragende Zusammenarbeit gepflegt. Sie werden es vielleicht nicht glauben auch mit der FDP haben wir exzellent zusammengearbeitet, obwohl es ja in vielen verschiedenen kirchlichen Themen durchaus widersprüchliche Meinungen gibt. Aber wenn man die austrägt, ist ja auch ein Dissens und die Möglichkeit darüber zu sprechen ein Wert. Wir können mit der SPD gut, wir können auch mit den Grünen gut. Ich denke alles was demokratisch ist, nehmen wir gerne und können damit gut arbeiten.

Das Interview führte Matthias Friebe.


Bildung ist ein wichtiges Thema bei der Sachsenwahl 2014 (dpa)
Bildung ist ein wichtiges Thema bei der Sachsenwahl 2014 / ( dpa )
Quelle:
DR