Der Rottenburger Oberhirte Gebhard Fürst feiert seinen 60. Geburtstag

Kein Fürst-Bischof

Zu seinem 60. Geburtstag ist Bischof Gebhard Fürst vielfach geehrt und gewürdigt worden. Der Metropolit der Oberrheinischen Kirchenprovinz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, bescheinigte dem Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart beim Geburtstagsfest am Dienstag in Rottenburg eine außerordentliche Fähigkeit zum Dialog.

Autor/in:
Michael Jacquemain
 (DR)

Erzbischof Zollitsch hielt die Predigt im Festgottesdienst unter dem Leitwort "Ich will dir danken, Herr". Bischof Fürst könne in der geistigen Auseinandersetzung gleichermaßen "verlockende Alternativen kritisch betrachten und aus der Kraft und Tiefe der eigenen Überzeugungen Antworten bieten, die auch einen Andersdenkenden wenigstens intellektuell zu überzeugen in der Lage sind".

Der Freiburger Erzbischof würdigte den Jubilar als einen facettenreichen Priester, der von Erfahrungen in der theologischen Wissenschaft, in der Seelsorge, in der Priesterausbildung und in der Gemeinde vor Ort geprägt sei. Besonders hob der Erzbischof die Leistungen des 60-jährigen Oberhirten für die Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart hervor, die Gebhard Fürst von 1986 bis 2000 geleitet hatte. Er habe die Einrichtung unter dem Leitwort "Dialog und
Gastfreundschaft" zu einem Ort des innerkirchlichen Gesprächs wie des Gesprächs mit der Gesellschaft profiliert. Als kompetenter Gesprächspartner habe sich Bischof Fürst als Mitglied des Nationalen Ethikrates erwiesen, so Erzbischof Zollitsch. Dort sei er von 2001 bis
2005 besonders in bioethischen Problemstellungen ein gefragter Gesprächspartner gewesen und sei dies noch heute als Vorsitzender der Unterkommission Bioethik der Deutschen Bischofskonferenz.

Als Vorsitzender der Publizistischen Kommission der Bischofskonferenz und damit als von der Öffentlichkeit besonders beobachteter "Medienbischof", beweist Bischof Fürst nach den Worten des Freiburger Metropoliten "viel Elan und großen Einsatz für die Sache". Die Frage der Zukunft kirchlicher Medienarbeit sei brennend aktuell.

Erzbischof Zollitsch wünschte seinem Rottenburg-Stuttgarter Amtsbruder und der Kirche weiterhin bereichernde Dialoge im "Austausch wechselnder Einfälle und Impulse".

Anerkennung der Protestanten
Der Bischof der evangelischen Landeskirche von Württemberg, Frank Otfried July, versicherte dem Jubilar die Sympathie und Freundschaft der evangelischen Bischöfe und Christen. Würde es davon abhängen, so July, "dann hätten wir schon die volle Einheit des Volkes Gottes in Württemberg". Der Landesbischof betonte, die Freundschaften und Vertrauensverhältnisse seien wichtig, um schwierige theologische Probleme behandeln zu können, "die auf dem Weg zur vollen Einheit ihre Fragezeichen uns entgegenhalten".

Zum Geburtstag überreichte Weihbischof Kreidler dem Jubilar eine über 500 Seiten starke Festschrift, in der Freunde und Wegbegleiter dem Bischof von Rottenburg-Stuttgart Beiträge widmen.

Neue Martinsskulptur als Geschenk
Einen weiteren künstlerischen Höhepunkt stellt die Enthüllung und Segnung einer Martinusskulptur auf dem Eugen-Bolz-Platz vor dem Bischöflichen Ordinariat dar, die der in Strümpfelbach im Remstal lebende Künstler Professor Karl Ulrich Nuss geschaffen.

Bischof Gebhard Fürst hat sich diese in Bronze ausgeführte Figur des Diözesanpatrons Martin von Tours zum Geburtstag gewünscht und anstelle von persönlichen Geschenken um einen Beitrag dazu gebeten. Seinerseits will er mit dieses Martinusstatue der Stadt Rottenburg und ihrer Bevölkerung ein Geschenk machen, an dem alle teilhaben können. Neben Bischof Fürst wird bei der Feier zur Enthüllung dieser Skulptur auch der Künstler selbst eine kurze Ansprache halten. Musikalisch wird sie vom Bläserensemble der Stadtkapelle Rottenburg unter Leitung von Musikdirektor Arno Hermann gestaltet.

Am Vorabend des Geburtstags hatten die Chöre des Rottenburger Doms - Domchor, Mädchenkantorei und Domsingknaben - Bischof Fürst mit einem adventlichen Konzert im Dom St. Martinus beschenkt, in dem unter der Leitung von Domkapellmeister Frank Leenen unter anderem Werke von Bach, Mendelssohn-Bartholdy und Vivaldi zum Vortrag kommen. Bischof Veres Anrás aus dem ungarischen Szombatély, dem Geburtsort des heiligen Martin von Tours, sprach in diesem Rahmen sein Grußwort.

Einsatz für den Erhalt der Schöpfung
"Klimaschutz in der Kirche" heißt die Broschüre, die im Vorzimmer des Rottenburger Bischofs liegt. Sein eigener Beitrag in dem Heft trägt die Überschrift "Nicht Shareholder, sondern Treuhänder der Schöpfung". Umweltschutz gehört zu den Themen, die dem naturverbundenen Sohn einer Gärtnerfamilie besonders am Herzen liegen.

"Schöpfungsfreundliches Handeln" ist für Fürst eine direkte Konsequenz aus der Botschaft des Evangeliums. Und weil er "nicht reden, sondern handeln will", hat er im Vorjahr eine Klimainitiative in seinem Bistum gestartet. Die Solartechnik wird forciert, alle Gebäude erhalten einen Gebäudepass, und auch die Mitarbeiter sollen sich im privaten und beruflichen Umfeld umweltbewusster verhalten.

Früher, sagt Fürst, habe er als Chef der bistumseigenen Akademie Dialoge organisiert, heute wolle er als Bischof "seine Gestaltungsspielräume nutzen", nicht nur beim Umweltschutz. Jüngstes Beispiel ist, dass er den 9. November, den Gedenktag der Judenprogrome von 1938, in seinem Bistum zum kirchlichen Gedenktag gemacht hat.

Für eine "dialogische Kirche"
Fürst vertraut seinem Überzeugungsvermögen und setzt auf eine "dialogische Kirche". Er will alles andere als ein Fürstbischof sein, er will vielmehr "Menschen in ihrem Glauben stärken". Gesprächspartner bestätigen, dass Dialog für Fürst kein Reklamewort ist, sondern seiner Überzeugung entspricht. Der Bischof gilt als aufmerksamer Zuhörer und guter Vermittler. Er lacht gerne und hat Sinn für Humor. Fürst steht denn auch für "eine feierliche und festliche Liturgie, die das Leben der Menschen in den Gottesdienst hineinnimmt".

Weit über das schwäbische Bistum hinaus bekannt ist Fürst als Vorsitzender der Publizistischen Kommission der Bischofskonferenz. Aktuell in der Diskussion sind Pläne für ein Kirchen-TV. Mit einem eigenen Fernsehkanal könne die Kirche "eine wichtige Ergänzung" schaffen, sagt Fürst. Zunächst will er sich um die Möglichkeiten eines Internet-Fernsehens kümmern. Innerhalb der Bischofskonferenz ist die Diskussion darüber noch unentschieden.

Fürst, der großes Interesse an Kunst und Literatur hat und gerne reist, ist auch sonst gefragt: Im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist er Geistlicher Assistent und Mitglied des Präsidiums. Ein nicht immer spannungsfreies Amt, schließlich haben nicht alle deutschen Bischöfe ein ungetrübtes Verhältnis zum ZdK. Von 2001 bis 2005 war Fürst auch Mitglied des Nationalen Ethikrats. Heute kümmert er sich in einer Unterkommission der Bischofskonferenz um die komplizierten ethischen Fragen, die sich aus den neuen Möglichkeiten der Biomedizin ergeben.

Geboren wurde Fürst in Bietigheim nördlich der Landeshauptstadt Stuttgart. In Tübingen und Wien studierte er Theologie. Auch nach der Priesterweihe 1977 setzte er seine wissenschaftliche Laufbahn fort und promovierte 1987 über "Johann Gottfried Herders hermeneutische Theorie der Sprache". Zu der Zeit leitete er bereits die Katholische Akademie. Im Jahr 2000 ernannte Papst Johannes Paul II. Fürst zum Nachfolger des heutigen Kurienkardinals Walter Kasper als Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Als sein Ziel nannte Fürst damals, den Glauben zur Sprache zu bringen. Das Ziel bleibt.