Der Reigen der Theater-Festivals in Nordrhein-Westfalen beginnt

Die Utopie Kleists einer neuen Gesellschaft trifft bei den bis zum 13. Juni laufenden Ruhrfestspielen auf den Traum der Region von einer neuen europäischen Identität, heißt es im umfangreichen Programmheft.

Das Festival, bei dem "Das Käthchen von Heilbronn" ebenso zur Aufführung kommt wie "Prinz Friedrich von Homburg", "Penthesilea" oder "Die Hermannsschlacht", steht unter dem Motto "Kontinent Kleist im romantischen Meer." Intendant Frank Hoffmann, der selbst den Kleist-Torso "Robert Guiskard" inszeniert, erwartet wie im Vorjahr rund 80.000 Besucher bei den Ruhrfestspielen.

Das diesjährige Kinder- und Jugendtheatertreffen NRW läuft vom 7. bis 13. Mai und findet in Dortmund statt. Dort präsentieren sich zehn bemerkenswerte Inszenierungen der professionellen Kinder- und Jugendtheater von Rhein und Ruhr. Der Titel des Festivals, das es bereits seit 26 Jahren gibt, lautet "westwind". Neben den Aufführungen für Kinder und Jugendliche im Alter zwischen sechs und 16 Jahren stehen auch Diskussionen und Symposien auf dem Programm, wie Theatersprecherin Djamak Homayoun mitteilte.

Forum deutschsprachiger Gegenwartsdramatik
Ebenfalls im Mai startet das Forum deutschsprachiger Gegenwartsdramatik, die "Stuecke", in Mülheim an der Ruhr. Den Auftakt der bundesweit hochgeachteten Mülheimer Theatertage macht am 15. Mai "Der goldene Drache" von Roland Schimmelpfennig in der gemeinsamen Version des Burgtheaters Wien und des Akademietheaters. 140 deutschsprachige Uraufführungen hat die Jury gesehen und dafür sieben für die "Stuecke" ausgewählt, die in diesem Jahr bereits zum 35sten Mal stattfinden.

Autorengrößen wie Elfriede Jelinek sind auch diesmal dabei. Die hochgelobte Inszenierung ihrer Wirtschaftskomödie "Die Kontrakte des Kaufmanns" sind in einer Koproduktion von Hamburger Thalia Theater und dem Schauspiel Köln zu sehen. Am Ende der "Stuecke" wird der renommierte und mit 15.000 Euro dotierte Mülheimer Dramatikerpreis vergeben.

Vom 22. Mai bis zum 3. Juni läuft im Rahmen der diesjährigen Duisburger Akzente auch wieder das Theatertreffen. Passend zum Motto des Kulturfestivals "Duisburg - Hafen der Kulturhauptstadt" dreht sich auch auf der Bühne alles um das Thema Seefahrt. Da schippert in "Immanuel Kant" von Thomas Bernhard der große Philosoph und Aufklärer auf einem Luxusdampfer in Richtung Amerika, obwohl er doch in einem ganz anderen Jahrhundert gelebt hat.

Es gibt eine theatrale Hafen-Rundfahrt mit dem Titel "An der Reling", bei der es um Geschichten, Gedichte und Lieder rund um Seefahrt, Wasser, Wind und Sterne geht. "Die Möwe" von Anton Tschechow darf natürlich ebenso wenig fehlen wie Shakespeares "Sturm", der um Prosperos Insel tobt.

NRW-Theatertreffen
Der Reigen geht weiter mit dem NRW-Theatertreffen, das diesmal vom 3. bis 6. Juni vom Schauspielhaus Düsseldorf ausgerichtet wird. Zu sehen sind insgesamt acht herausragende Inszenierungen aus der zu Ende gehenden Spielzeit. So zeigt das Theater Bielefeld Goethes "Clavigo", vom Schauspiel Essen kommt "Peer Gynt" von Ibsen.

"Theater der Welt" lautet der Titel eines weiteren Festivals, das vom 30. Juni bis zum 17. Juli zeitgenössische Produktionen aus den Bereichen Theater, Tanz, Oper, Performance, Film und Bildende Kunst nach Essen und nach Mülheim an der Ruhr bringt. Zu erleben sind nach den Worten von Programmdirektorin Frie Leysen alleine elf Weltpremieren. Fast 400 Künstler aus Europa, Afrika, Asien, Lateinamerika und Ozeanien wollen laut Leysen knapp drei Wochen lang "für Aufruhr an der Ruhr" sorgen. Das Publikum dieses ungewöhnlichen Festivals ist eingeladen auf eine Reise "rund um den Globus, mit allem, was dazu gehört", erklären die Programm-Macher.

Bei hoffentlich sonnigem Wetter geht der Festival-Reigen ab dem 16. Juli im rheinischen Neuss weiter. Dort findet im Nachbau des Londoner Globe-Theaters bereits im 20sten Jahr das weit über die deutschen Grenzen hinaus bekannte Internationale Shakespeare-Festival statt. Bis zum 24. August gibt es insgesamt zwölf Produktionen aus England, Ungarn, der Schweiz, Frankreich, Deutschland und aus Chicago zu sehen. Der Neusser Kulturreferent Rainer Wiertz verspricht "dramatische, komische, experimentelle und immer höchst emotionale Bühnen-Erlebnisse".

Den Auftakt macht ein "Sommernachtstraum" der Londoner Globe Touring Company mit viel Musik und Slapstick. "Die Zähmung der Widerspenstigen" steht auf dem Programm, ein Solo über "Heinrich VIII.", eine Theaterrecherche des weltberühmten Peter Brook mit dem Titel "Warum Warum" und auch die Inszenierung "Tempete!" von Brooks Tochter Irina, die mit einer Truppe aus dem französischen Nevers anreist.

Weiterer Höhepunkt Ruhrtriennale
Die diesjährige Ruhrtriennale ist vom 10. August bis zum 20. Oktober sicherlich ein weiterer Höhepunkt der langen Reihe der diesjährigen Theater-Festivals. "Die Wanderung - die Suche nach dem Weg". Unter diesem Motto wird bei der Ruhrtriennale die Suche nach der Beziehung zwischen dem Urmoment des Religiösen und dem Urmoment des Kreativen fortgesetzt. Thema ist der islamische Kulturkreis.

Auf dem Programm zahlreicher Revierbühnen etwa in Essen, Bochum und Duisburg werden insgesamt über 100 Veranstaltungen im Bereich Schauspiel, Musiktheater, Tanz und Konzert stehen, wie Triennale-Intendant Willy Decker im Vorfeld der Programm-Pressekonferenz verriet, die am 29. April in Bochum stattfindet. Die Ruhrtriennale findet seit 2002 in ehemaligen Industriebauten im Ruhrgebiet statt.

Freunde des Figurentheaters und der Puppenspielkunst können sich auf das Festival "Fidena" freuen, das vom 9. bis zum 16. September in Bochum stattfinden wird. Und auch die Fans der Freien Theaterszene kommen in diesem Jahr in NRW auf ihre Kosten. Das Festival der Off-Szene findet vom 28. Oktober bis 6. November in Dortmund statt und steht unter dem Titel "Favoriten".