Der Rechtsterrorismus wurde unterschätzt

Seit Jahren gewarnt

Nach den jüngsten Erkenntnissen zum Heilbronner Polizistenmord von 2007 und den sogenannten Döner-Morden in den Jahren 2000 bis 2006 werden Warnungen vor rechtsextremem Terrorismus laut. Aus Rechtsextremisten seien Terroristen geworden, sagte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) den Zeitungen. Experten warnen nach Angaben des Spezialisten Bernd Wagner bereits seit Jahren vor rechtsextremen Terrorismus in Deutschland.

 (DR)

Wegen der Morde an einer Polizistin und an neun ausländischen Ladenbesitzern ermittelt die Bundesanwaltschaft. Sie vermutet, dass die Taten "einer rechtsextremistischen Gruppierung zuzurechnen sind". Die Ermittler prüfen auch, ob es Verbindungen zu weiteren ungeklärten Gewalttaten gibt. Dazu zählen Medienberichten zufolge auch Anschläge in Nordrhein-Westfalen.



Dabei geht es um einen Nagelbombenanschlag in einer überwiegend von Türken bewohnten Straße in Köln 2004 und einen Anschlag auf eine S-Bahn-Haltestelle in Düsseldorf-Wehrhahn vier Jahre zuvor, wie der "Kölner Stadt-Anzeiger" und die "Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung" am Samstag berichteten. In Köln waren 22 Menschen verletzt worden, einige von ihnen lebensgefährlich. In Düsseldorf war ein Sprengsatz in einer Gruppe jüdischer Aussiedler explodiert. Dabei wurden zehn Menschen verletzt, eine Frau verlor ihr ungeborenes Kind.



"Wir müssen die Hintergründe sorgfältig aufklären, aber was wir bisher wissen, ist in seinem Ausmaß erschütternd", sagte Jäger den WAZ-Zeitungen. Es müssten Konsequenzen daraus gezogen werden, dass die Täter sich jahrelang im Untergrund in Deutschland bewegen konnten. Auf die rechtsextreme Spur waren die Ermittler durch zwei Männer aus Zwickau gekommen, die sich vergangene Woche nach einem Bankraub in Eisenach (rpt. Eisenach) das Leben genommen hatten. Eine mutmaßliche Komplizin sitzt in Untersuchungshaft.



Entsprechende Hinweise

Rechtsextremismus-Spezialist Wagner sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Samstagsausgabe): "Wir haben immer darauf aufmerksam gemacht, dass sich aus der Szene heraus Gruppierungen entwickeln, die sehr militant sind und möglicherweise den Übergang zum Terrorismus vollziehen." Bereits in den neunziger Jahren habe es mehrere entsprechende Hinweise gegeben. "Sie wurden aber von den Sicherheitsbehörden mit spitzen Fingern angefasst", kritisierte der frühere Kriminaloberrat und Gründer der Aussteiger-Organisation "Exit-Deutschland".



Auch der rechtsextreme "Thüringer Heimatschutz", dem das mutmaßliche Verbrecher-Trio aus Zwickau angehörte, sei seit langem bekannt, sagte Wagner. "Es gab mehrere Versuche, ihm militante Schlagkraft zu verleihen." Wagner geht davon aus, "dass jede langjährige rechtsextreme Kameradschaft solche Elemente hat". Ihre Zahl würde er "mit zwei oder drei Nullen versehen".