domradio.de: Ich nehme an, Ihre Sommerferien waren gestern Abend schon beendet und Sie haben sowohl mitgewählt, als auch das Ergebnis aktiv mitverfolgt.
Pötzsch: Nicht ganz richtig. Meine Sommerferien liegen noch vor mir. Ich habe extra den Wahlkampf abgewartet und jetzt, nachdem nun alles vorbei ist, kann ich dann nächste Woche endlich in den wohlverdienten Urlaub gehen.
domradio.de: Gut. Dann gehen wir zu den Ereignissen des gestrigen Tages in Arbeitsstimmung zurück und sehen: Knapp 50 Prozent Wahlbeteiligung. Die Opposition hat damit zum Vorwurf angesetzt, der Wahltermin sei völlig falsch und vor allem strategisch gewählt worden. Viele Familien seien noch im Urlaub. Gerade die Grünen als Familienpartei, so haben sie sich gestern beschrieben, hätten dadurch kein so gutes Ergebnis erzielen können. Wie haben Sie die Ansetzung dieses Wahltermins wahrgenommen?
Pötzsch: Natürlich ist ein Wahltag am letzten Schulferientag nicht besonders optimal, aber das ist mit Verlaub kein Grund für dieses katastrophal schlechte Wahlbeteiligungsergebnis. Wenn man in den Urlaub fährt und weiß, es ist Wahltag am 31. August, da gibt es ja noch die Briefwahl. Also, das kann nicht wirklich eine belastbare Begründung sein für das katastrophal schlechte Wahlverhalten in Sachsen. Dafür muss man sich wirklich schämen.
domradio.de: Für etwas anderes darf man sich möglicherweise loben. Die NPD ist aus dem Landtag rausgeflogen. Sie lag lange bei fünf Prozent und ist dann am Ende, so heißt es, gerade bei der Auszählung von größeren Städten, unter die Fünf- Prozent-Marke gerauscht, ist also nicht im neuen Landtag vertreten. Erleichtert Sie das?
Pötzsch: Das erleichtert sehr. Die NPD war ja nun längere Zeit hier im Landtag, es ist eine Partei mit einem unsäglichen politischen Hintergrund und auch eine Partei, die nichts geleistet hat - im Gegenteil, die kontraproduktiv ist. Das ist schon ein guter Tag für Sachsen, dass die NPD jetzt nicht mehr in den Landtag kommt, wobei so sehr feiern muss man nicht. Die NPD als Fraktion im Landtag ist weg, die Klientel derer, die die NPD gewählt hat - immerhin doch knapp fünf Prozent - ist einfach da. Und die kann man nicht auflösen. Hier wird es noch viel Bildungsarbeit geben müssen von allen Seiten, Kirche wie auch Staat, um den Ungeist dieser Partei klarzumachen. Aber Sie haben natürlich recht: Zunächst kann man einen Strich ziehen, einen Doppelstrich, und sagen: Zunächst ist das Kapitel NPD im Landtag beendet und das ist gut so.
domradio.de: Eine Partei verschwindet, die andere taucht zum ersten Mal auf: Die AfD hat beinahe ein zweistelliges Endergebnis geschafft, ist zum ersten Mal im sächsischen Landtag vertreten. Ist das eine Gruppierung, die Sie mit offenen Armen empfangen, oder schwingen da auch Befürchtungen mit?
Pötzsch: Ach, wissen Sie, wir lassen uns da nicht so sehr von Worthülsen leiten. Die AfD ist ja bedacht worden mit dem Begriff des Rechtspopulismus. Ich hab den Begriff bis jetzt noch nicht ordentlich definiert bekommen. Wir werden diese Partei natürlich empfangen, wir werden auch Gespräche mit ihr führen. Wir wissen noch nicht so richtig, in welche Richtung sie geht. Es sind ja doch einige versteckte bundespolitische Themen, die hier auch im sächsischen Wahlkampf eine Rolle gespielt haben. Wir gehen davon aus, dass es eine demokratische Partei ist, keine Frage. Und wir werden uns auch völlig unverkrampft dieser Partei widmen, mit ihnen sprechen, mit ihnen arbeiten und schauen, was sie zu bieten hat in den nächsten fünf Jahren.
domradio.de: Sie sind Leiter des katholischen Büros im Bistum Dresden-Meißen und Sie haben eben gesagt, Sie sprechen auch mit der neuen Partei. Worüber eigentlich? Was sind Ihre Anliegen für die neue Legislaturperiode in Sachsen?
Pötzsch: Das hat sich bereits im Wahlkampf gezeigt. Es war ein sogenannter Bildungswahlkampf. Das Thema Bildung stand in nahezu allen Parteiprogrammen, Wahlprogrammen ganz oben. Das ist ja auch gut so. Sicher, von Partei zu Partei mit verschiedenen Akzenten, aber die Tatsache, dass man Bildung im Land Sachsen so hoch stellt, ist eigentlich ein guter Akzent. Ich habe das auch bei meinen Gesprächen mit den Parteien in der Zeit des Wahlkampfes gesehen: Also selbst wichtige Themen wie Innere Sicherheit treten immer zurück hinter dem Thema „Sachsen Bildungsland“, gibt es ausreichend Lehrer, ordentliche Schulklassen, Lehrpläne. Ich glaube, da haben die Parteien durch die Bank das richtige Thema. Das wird auch das Hauptthema sein in den nächsten Tagen und Wochen, wenn ich aus dem Urlaub zurückgekommen sein werde und mit den Parteien sprechen kann.
Das Gespräch führte Daniel Hauser.