Der langsame Abschied vom Sonntag

 (DR)

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat ihren Gemeinden jüngst in einer Studie empfohlen, über den Fortbestand des Sonntagsgottesdienstes offen zu diskutieren. Für viele sei der traditionelle Sonntagsgottesdienst - so das Ergebnis der Studie - nicht (mehr) attraktiv. "Angesichts schwindender personeller und finanzieller Ressourcen, vor allem aber mit Blick auf die geringe Reichweite sollte vielerorts engagierter und ergebnisoffener über seinen Fortbestand diskutiert werden", heißt es in der Untersuchung "Faktoren des Kirchgangs" der Liturgischen Konferenz der EKD.

Auch der Cheftheologe im EKD-Kirchenamt, Thies Gundlach, findet es in Ordnung, den Sonntagsgottesdienst hier und dort infrage zu stellen. "Die Rede vom Verlust des Sonntagsgottesdienst funktioniert immer auch ein wenig nach dem Motto 'Wann wird es wieder so, wie es noch nie war'. Denn der Sonntagmorgengottesdienst hat seit Jahren schon nicht mehr seine klassische Funktion als 'Mitte der Gemeinde'", sagt Gundlach.

Etwa 734.000 Menschen besuchen nach Angaben der EKD im Schnitt in Deutschland jeden Sonntag einen evangelischen Gottesdienst. Das entspricht etwa drei Prozent der Evangelischen (Katholiken: ca. 10 Prozent). Diese Quote hält sich seit Jahrzehnten auf diesem Niveau. Der Sonntagsgottesdienst war also schon immer nur für eine Minderheit der evangelischen Christen interessant. Dennoch ist er für das negative Image des Gottesdienstes ausschlaggebend.

Die Studienautoren um die Göttinger Theologin Julia Koll haben herausgefunden, dass der Sonntagsgottesdienst vor allem ein Zielgruppengottesdienst für ehrenamtliche Mitarbeiter und hochverbundene Kirchenmitglieder ist. EKD-Cheftheologe Gundlach nennt ihn "eine intensive Identitätsvergewisserung".

Daher sei es aber auch keine Selbstaufgabe, wenn diese Vergewisserung des Glaubens nicht an jedem Sonntag an jedem Ort stattfindet, sagt Gundlach. Jede Gemeinde könne und müsse daher "in theologisch begründeter Freiheit" selbst entscheiden, wie viel Kapazität sie für einen regelmäßigen Sonntagsgottesdienst aufwendet und wie viel für andere Gottesdienste. Natürlich geht es nicht darum, den Gottesdienst aufzugeben. Stattdessen wächst die Bedeutung anlassbezogener und zielgruppenspezifischer Gottesdienste, um mehr Menschen zu erreichen. (epd, 07.08.2019)