domradio.de: Warum finden Sie es nicht richtig, dass Erdogan in dieser Situation nach Deutschland, nach Köln kommt?
Roters: Sie haben eben darauf hingewiesen, dass wir in der Türkei ein schreckliches Unglück haben. Das Land trauert. Es geht jetzt meines Erachtens darum, dass der türkische Ministerpräsident hier nicht Wahlkampf macht in Köln, sondern sich um die Hinterbliebenen kümmert, dafür Sorge trägt, dass alles aufgeklärt wird und auch das Thema Grubensicherheit in der Türkei auf die Tagesordnung bringt. Das ist aus der Sicht vieler, die sich hier jetzt Gedanken machen, wichtiger als jetzt hier in Köln zu den Landsleuten zu sprechen.
domradio.de: Würden Sie ihm auch direkt raten: Herr Erdogan, sagen Sie diesen Termin besser mal ab?
Roters: Ja.
domradio.de: Warum hat Erdogan sich ausgerechnet Köln ausgesucht?
Roters: Er war ja öfter schon mal hier und hat dann auch, weil wir hier natürlich eine große türkische Gemeinde haben und auch die Möglichkeit über die Lanxess-Arena, viele Menschen unmittelbar zu erreichen, entsprechende Erfahrungen gemacht, eine große Gruppe von Anhängern erreicht. Das ist auch überhaupt nicht zu beanstanden. Die Möglichkeit muss bestehen, das wollen wir auch gewährleisten. Andererseits muss man sich immer die konkrete Situation anschauen und im Augenblick ist es so, dass viele Menschen sagen, er solle sich lieber um die innertürkischen Probleme kümmern, anstatt hier in Köln dann doch Wahlkampf zu machen, letztlich auch für die Präsidentenwahl.
domradio.de: Sie und viele Ihrer Kollegen würden es begrüßen, dass Erdogan den Auftritt absagt, Das ist nicht sehr wahrscheinlich. Befürchten Sie, dass der Auftritt große Unruhe nach Köln bringen wird?
Roters: Wir haben Ankündigungen von Demonstrationen. Ich gehe davon aus, dass die Polizei in der Lage sein wird, diese Demonstrationen friedlich verlaufen zu lassen. Die Polizei stellt sich darauf ein und die alevitische Gemeinde Deutschlands, die diese Gegendemonstration angekündigt hat, ist nicht dafür bekannt, dass sie zu Gewalttätigkeiten neigt.
domradio.de: Befürchten Sie auch, dass die rechtsextremen Parteien Erdogans Besuch nutzen, um ebenfalls am Samstag mächtig Stimmung für ihre Sache zu machen, einen Tag vor der Europawahl?
Roters: Es ist nie auszuschließen, dass auch Rechtsextremisten, Rechtspopulisten diese Situation ausnutzen. Das ist in einem demokratischen Land nicht zu verhindern. Aber wir in Köln haben so viel Erfahrung mit diesen Rechtsauslegern umzugehen, dass ich mir da auch keine Sorge mache.
Das Gespräch führte Hilde Regeniter.