Der Kirchliche Entwicklungsdienst wird 40

"Die Situation in vielen Ländern schreit noch immer zum Himmel!"

Seit 40 Jahren hilft der Kirchliche Entwicklungsdienst der Evangelischen Kirche den Armen weltweit. Dr. Ruth Gütter ist bei der EKD für die Entwicklungspolitik zuständig. Im domradio-Interview blickt sie zurück und nach vorne: "Es ist es traurig, dass man uns noch immer braucht."

 (DR)

domradio: Was hat sich in der Entwicklungsarbeit seit damals geändert?
Gütter: In vielen Punkten ist sie gleich geblieben, zum Beispiel in ihrem Prinzip "Hilfe zur Selbsthilfe", bei dem Partner vor Ort gefördert werden, also keine eigenen Programme in Deutschland entwickelt werden. Was sich geändert hat: Im Laufe der Jahre hat man sich viel mehr mit den Ursachen der Armut beschäftigt und dabei festgestellt, dass Vieles global bedingt ist und es nicht reicht, den Menschen vor Ort zu helfen. Auch wir auf der nördlichen Halbkugel tragen Verantwortung und müssen unsere Politik ändern! Ein anderer Punkt ist: Wir müssen die ländliche Entwicklung noch mehr stärken, hier ist in den letzten Jahren zu viel versäumt worden.

domradio: Zum Beispiel?
Gütter: Hier geht es vor allen Dingen um die Förderung der kleinbäuerlichen und einer angepassten und biologischen Landwirtschaft vor Ort. Und nicht nur um große Projekte!

domradio: Warum fusionieren die Entwicklungsdienste nun?
Gütter: Wir wollen unsere Arbeit noch stärker bündeln und noch stärker zusammenarbeiten. Mit dem Standort Berlin sind wir außerdem noch näher an der Politik, wir können noch besser Lobbyarbeit für die Armen betreiben.

domradio: 40 Jahre Kirchlicher Entwicklungsdienst - wie blicken Sie zurück?
Gütter: Auf der einen Seite haben wir dafür gesorgt, das Überleben von Millionen Menschen ermöglicht zu haben. Auf der anderen Seite ist es traurig, dass man uns noch immer braucht - weil die Situation in den armen Ländern noch immer zum Himmel schreit.

Kirchlicher Entwicklungsdienst begeht 40-jähriges Bestehen
Der kirchliche Entwicklungsdienst der evangelischen Kirche begeht sein 40-jähriges Bestehen am kommenden Donnerstag in der Berliner Friedrichstadtkirche. Mit Gästen der Hilfswerke Evangelischer Entwicklungsdienst (EED) und Brot für die Welt sowie aus Kirche und Politik solle auch an die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) 1968 erinnert werden, teilte die EKD am Dienstag in Hannover mit. Damals forderten die Mitglieder des Kirchenparlaments die Landeskirchen auf, mindestens zwei Prozent ihrer Steuereinnahmen für den Kampf gegen Armut und Hunger einzusetzen.

Heute verwalte diese Mittel der EED. Sie werden durch die Spenden, die an Brot für die Welt gehen, ergänzt, erläuterte die EKD. Mit den rund 45 Millionen Euro würden Projekte von lokalen Hilfsorganisationen in Entwicklungsländern finanziert. Zudem werde in Deutschland Bildungs- und Lobbyarbeit gemacht.

Im Jahr ihres 40-jährigen Bestehens sind den Angaben zufolge wichtige Entscheidungen für die Zukunft der kirchlichen Entwicklungshilfe gefallen. Die drei Werke EED, Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe werden sich bis 2013 in Berlin zusammenschließen. Außerdem berät die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland im November über die Einführung einer verbindlichen Umlage aus jeder Landeskirche für den kirchlichen Entwicklungsdienst.