Der katholische Unternehmer Claus Hipp im domradio.de-Interview

"Die ganze Arbeit ist Gebet"

In seinem aktuellen Buch "Agenda Mensch" plädiert Claus Hipp für eine solidarische Gesellschaft. Wie er selber versucht, Solidarität vorzuleben, verrät der bekannte katholische Unternehmer im langen Interview mit domradio.de. Und erinnert an eine Begegnung mit Papst Benedikt XVI., die ihn zum Patron einer Kirche machte.

Claus Hipp: Katholischer Unternehmer / © Michael Borgers (DR)
Claus Hipp: Katholischer Unternehmer / © Michael Borgers ( DR )

domradio.de: Sie sind Geschäftsführer eines Babykost-Unternehmens. Und haben noch diverse Nebenjobs: Sie malen, unterrichten Malen und Wirtschaftswissenschaften, sind Musiker, Honorarkonsul von Georgien und: Schirmherr der Münchner Tafel. Warum ist Ihnen das ein Anliegen?
Hipp: Nach dem Krieg hat meine Mutter versucht, die Flüchtlinge, die bei uns wirklich in großer Menge da waren, mit Lebensmitteln zu versorgen. Sie ist jeden Tag mit Leiterwagen und Töpfen mit Suppen oder was sonst da war zu den Baracken gefahren - und wir Kinder haben da mitgeholfen. Deshalb war es nur logisch, dass eine so ähnliche Sache wie die Münchner Tafel jetzt meine Unterstützung gefunden hat. Wir versorgen dort ca. 18.000 Bedürftige jede Woche. 120 Frauen und Männer erbetteln erst mit ihren Autos Lebensmittel und fahren sie dann aus. Das ist schon eine sehr wichtige Sache. Denn die Not ist sehr groß und wird immer größer. Allerdings die Spendenbereitschaft auch. Pro Woche bewegen wir fast 120 Tonnen Lebensmittel im Wert von 120.000 Euro.

domradio.de: Sie schließen auch ehrenamtlich morgens die kleine Wallfahrtskirche Herrenrast auf. Wieso machen Sie das alles?
Hipp: Die Kirche war fast eine Ruine. Da habe ich mir überlegt: Frühere Generationen haben Kirchen gebaut, wir sollten sie zumindest erhalten können. Dann haben wir freiwillige Helfer gesucht, die um Gottes Lohn gearbeitet haben, außerdem noch Handwerker aus unserem Unternehmer. In einem Jahr war die Kirche dann renoviert. Der jetzige Heilige Vater war ja damals Münchner  Erzbischof. Als ich ihn mal besucht habe, hat er gesagt, ich solle Patron der Kirche sein und mich weiter um sie kümmern. Und das mache ich auch gerne.

domradio.de: Wie beten Sie?
Hipp: Die ganze Arbeit ist Gebet. Das sind nicht nur gedachte oder gesprochene Worte. Beten ist Zwiesprache mit Gott. Und wenn unsere Arbeit zur Ehre Gottes geschieht, ist das auch Gebet.

domradio.de: Bei allem, was Sie schon so auf die Beine gestellt haben und was Sie heute noch machen, fragen sich auch viele, Mensch, wie schafft der das überhaupt alles. Auch bei ihm hat der Tag doch nur 24 Stunden...
Hipp: Das ist ganz gerecht. Jeder hat gleich viel Zeit. Ich versuche, Zeit zu sparen, indem ich die einzelnen Dinge rechtzeitig abbreche - vor allem am Abend. Da wird oft sehr viel Zeit mit Empfängen oder Ähnlichem vertan. Und wenn ich dort schon hingehen muss, gehe ich oft früher. Den Luxus leiste ich mir.

domradio.de: Nachhaltigkeit wird in Ihrem Unternehmen groß geschrieben. Warum?
Hipp: Auf den biologischen Anbau kommt neben den Lebensmitteln heute noch eine ganz andere Bedeutung zu: Ein lebendiger Boden kann bei viel Regenfall viel Wasser speichern. Und in Dürrezeiten kann er das Wasser wieder abgeben. Es gibt weniger starke Überschwemmungen und weniger starke Trockenheitsverluste. Auf Klimaschwankungen wie Erwärmung ist die beste Antwort biologischer Landbau. Das müssen wir im Interesse der nächsten Generationen ganz intensiv vorantreiben.

domradio.de: Wir hören immer wieder von Managern und Unternehmern mit schlechter Moral. Wie bewerten Sie Ihre Zunft?
Hipp: Wir hören meistens von den Negativ-Beispielen. Aber wenn in Köln jemand bei Rot über die Kreuzung fährt, kann man auch nicht sagen, dass das Rotlicht in Köln nur eine Empfehlung wäre. Die Menschen hören halt lieber Negativ-Berichte. Aber die meisten sind ehrbare Kaufmanns-Leute.

domradio.de: Was heißt Disziplin für Sie?
Hipp: Das Unterwerfen unter gewisse Regeln, die ich als richtig erkannt habe. Und Disziplin ist meistens Überwindung von Bequemlichkeit. Disziplin ist manchmal der schwierigere Weg. Aber der schwierigere Weg gibt manchmal ein besseres Gefühl.

domradio.de: Sie wirken jung und fit - wie schaffen Sie das?
Hipp: Jung und fit halte ich mich durch Schlafen. Sonst bin ich sehr bestrebt, zufrieden zu sein und keinen Ärger zu haben. Wenn mir jemand etwas stiehlt, dann schenke ich es ihm geistig. Dann habe ich kein Problem mehr mit ihm.

Das Interview besteht aus Auszügen der Sendung domradio.de Menschen, in der Claus Hipp am 27. Juli 2010 Moderatorin Susanne Becker-Huberti zwei Stunden lang Rede und Antwort stand.
Hören Sie, wie Claus Hipp den Brief Paulus an die Galater, 5,18 auslegt.
Hören Sie Claus Hipp im Fragebogen.

Mehr zur Person
"Dafür stehe ich mit meinem Namen", sagt Claus Hipp und ist auch im besten Rentenalter noch gut beschäftigt. Zusammen mit seinen Brüdern und Söhnen lenkt der 71-Jährige die Geschicke des Babykost-Unternehmens Hipp im bayerischen Pfaffenhofen mit etwas tausend Beschäftigten.

Geschäftsführer Claus Hipp hat noch diverse Nebenjobs: er malt, unterrichtet Malen und Wirtschaftswissenschaften, ist Musiker, Honorarkonsul von Georgien, Schirmherr der Münchner Tafel. Als Jugendlicher hat er als Stuntman gejobbt, gern wäre er Schauspieler geworden. Aber dann hat der promovierte Jurist doch das Familienunternehmen weitergeführt und ihm eine Ethikcharta auferlegt, die schon im ersten Satz deutlich macht, welchen Zielen die Firma verpflichtet ist: "Hipp ist ein Familienunternehmen, das auf lautere Weise Erfolg haben will. Christliche Verantwortung soll unser Handeln prägen."

Gerade ist im Rowohlt Verlag Berlin Agenda Mensch: Warum wir einen neuen Generationenvertrag brauchen von Claus Hipp erschienen.