Der Fall Alfie Evans

 (DR)

Über den angemessenen Umgang mit dem todkranken britischen Kind Alfie Evans wird seit Tagen heftig gestritten. Doch nun sei es wichtig, die Situation nicht ideologisch zu instrumentalisieren, meint Renzo Pegoraro von der Päpstlichen Akademie für das Leben. Es gelte sowohl den Rechten und der Verantwortung der Eltern für ihr Kind wie auch der Kompetenz der Ärzte Rechnung zu tragen. Die Beteiligten müssten nach einer einvernehmlichen Lösung für eine angemessene Behandlung suchen.

Der Theologe verlangte Rücksicht auf die Empfindungen, Wünsche und Ängste der Eltern, betonte aber zugleich, die objektive Einschätzung der Heilungschancen falle den Medizinern zu. In einer solchen Situation wie der des 23-monatigen Jungen mit seiner Erkrankung stünden Eltern vor der "Schwierigkeit, die terminale Phase anzunehmen". Es sei Aufgabe der Ärzte, ihnen bei den nötigen Entscheidungen zu helfen. Zugleich brauchten sie das Angebot psychologischer und geistlicher Begleitung.

Eltern und Mediziner könnten sich vor der Notwendigkeit finden, "zu akzeptieren, dass es keine Therapien gibt", so Pegoraro. "Wenn es dann zu einer rechtlichen Auseinandersetzung kommt, wird alles schwierig", sagte er. Ein Abbruch intensivmedizinischer Maßnahmen bedeute nicht, den Tod herbeizuführen, sondern zu akzeptieren, dass das Leben begrenzt sei. In jedem Fall müssten Pflege und Begleitung sichergestellt sein.

Zum Streit über eine Verlegung des Kleinkinds aus Liverpool in eine italienische Klinik sagte Pegoraro, eine gute palliativmedizinische Versorgung sei zweifellos auch in Großbritannien gewährleistet. Zu der Initiative von Papst Franziskus, Alfie Evans eine Behandlung in der vatikanischen Kinderklinik Bambino Gesu anzubieten, sagte er, die Päpstliche Akademie für das Leben sei immer informiert worden, habe aber einen ausschließlich beratenden Dienst.

Der Anfang Mai 2016 geborene britische Junge Alfie Evans leidet an einem fortschreitenden Abbau des Nervengewebes. Das Oberste Gericht des Vereinigten Königreichs hatte nach einem Rechtsstreit mit den Eltern den Abbruch der Behandlungen verfügt. Papst Franziskus appellierte zuletzt via Twitter, es möge "auf das Leiden seiner Eltern und ihre Bitte gehört" werden, "neue Möglichkeiten der Behandlung zu versuchen". Ein britisches Berufungsgericht bestätigte indessen am Mittwoch das Verbot einer Ausreise des Kindes.

Auf dem Petersplatz in Rom haben am Donnerstag mehrere hundert Menschen ihre Anteilnahme am Schicksal Alfie Evans ausgedrückt. Sie versammelten sich laut Nachrichtenagentur Ansa am Donnerstagabend unweit des Petersdoms, entzündeten Kerzen und beteten. Zu der Mahnwache sei über soziale Medien aufgerufen worden. Ähnliche Aktionen gab es laut Ansa auch in Mailand, Turin oder Modena. (KNA/dpa, 27.04.2018)