Reiner Kunzes Buch „Die wunderbaren Jahre“ ist ein Klassiker deutsch-deutscher Literatur. 1976 durfte das DDR-kritische Buch, das die Seele einer ganzen Generation im sozialistischen Ostdeutschland spiegelt, nur im Westen erscheinen. Kunze wurde danach von der Stasi bedroht und zur Ausreise gezwungen. In der DDR wurde sein Buch ungezählte Mal mit der Hand abgeschrieben. Zeilen daraus hingen als Erkennungszeichen an Haustüren und Fenstern: „Das habe ich erst nach 1989 erfahren“, sagt Kunze: „und vielleicht ist es gut, dass ich es damals nicht gewußt habe, weil das eine Dimension ist, die einen verlegen macht.“
Im domradio.de Interview erzählt Kunze auch, dass viele Intellektuelle aus der Bundesrepublik nach seiner Flucht 1977 in den Westen von ihm abrückten. „Es begann bald eine aktive Feindschaft, denn es gab eine schlimme Verklärung der DDR von Leuten, die dort nie gelebt hatten“. Über die Wiedervereinigung von Ost und West sagt er: „Na ja, es müssen erst ein, zwei Generationen sterben, ehe wir wieder Gesamtdeutsche haben und dann werden wir nur noch Gesamtdeutsche haben“.
Reiner Kunze erzählt weiter über seine Kindheit in einer Bergarbeiterfamilie. „Zuhause gab es keine Bücher, aber es gab eine Bibel“. Besonders schwärmt er von seinem Großvater, „der 40 Jahre lang in tausend Meter Tiefe gearbeitet hat und von dem ich weiß, dass er nie eine Kirche betreten hat, der hat oft zu mir gesagt, als ich fünf, sechs Jahre alt war: Junge, du mußt nach oben blicken, blick nach oben. Dieser Mann hat tief geglaubt“.