Der Alt-Kanzler veröffentlicht seine Memoiren - Berlin und Medien reagieren sehr verhalten

Schumacher geht, Schröder ist wieder da

Ein Jahr lang war er mehr oder weniger von der medialen Bildfläche verschwunden. Nun ist der Sieben-Jahre-Kanzler wieder da. Gerhard Schröder auf allen Print-Titeln, TV-Auftritte bei Kerner und Co. werden folgen. Warum? Der 62-jährige veröffentlicht in dieser Woche seine Memoiren.

 (DR)

Ein Jahr lang war er mehr oder weniger von der medialen Bildfläche verschwunden. Nun ist der Sieben-Jahre-Kanzler wieder da. Gerhard Schröder auf allen Print-Titeln, TV-Auftritte bei Kerner und Co. werden folgen. Warum? Der 62-jährige veröffentlicht in dieser Woche seine Memoiren. Auf 544 Seiten "Entscheidungen" blickt er zurück, würdigt seine Freunde, ätzt gegen politische Gegner. Berlin kommentiert entsprechend bissig. "Wie man eine Karriere beendet, kann man sehr gut an Michael Schumacher sehen", meint NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Auch die Kommentatoren der Tageszeitungen lassen kaum ein gutes Haar an Gerhard Schröder.

Ab Samstag liegen 160 000 "Entscheidungen" in den Regalen
Elf Monate nach Amtsantritt der großen Koalition hat sich Alt-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) erstmals ausführlich zur Arbeit von Schwarz-Rot geäußert. Im Vorgriff auf die Veröffentlichung seines Buches warf Schröder seiner Nachfolgerin Angela Merkel (CDU) am Wochenende Führungsschwäche vor. CDU und CSU reagierten gereizt, Merkel wies inhaltliche Vorwürfe des Alt-Kanzlers zurück.

Schröder stellt sein Buch „Entscheidungen - Mein Leben in der Politik" am Donnerstag vor. Ab Samstag erscheint es mit einer Auflage von 160 000 Exemplaren im Handel. Vorab äußerte sich Schröder im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel" und in der „Bild am Sonntag".

Schröder bemängelte mit Blick auf die Koalition: „Es fehlt einfach Führung." Ihn habe „das Maß an handwerklicher Unfertigkeit wirklich überrascht". Er beklagte, seine Politik der „ruhigen Hand" sei damals „denunziert" worden. Heute heiße es hingegen „Politik der kleinen Schritte". Der Alt-Kanzler betonte ferner: „Gelegentlich scheint mir ein Basta zu fehlen." Den geplanten Gesundheitsfonds kritisierte er als „bürokratisches Monstrum, das der Programmatik beider Parteien widerspricht und den Versicherten nicht hilft".

Der Alt-Kanzler verteidigte zudem den Entschluss, vorgezogene Neuwahlen nach der verlorenen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen anzustreben. Andernfalls hätten „relevante Kräfte" in der SPD von ihm die Aufgabe des Reformkurses verlangt. „Dann hätte ich zurücktreten müssen. Das hätte für die SPD eine Katastrophe bedeutet", sagte Schröder.

Merkel verteidigt sich gegen Schröder-Angriffe
Merkel reagierte beim Kongress der Jungen Union in Wiesbaden auf die Äußerungen. Mit Blick auf den Gesundheitsfonds sagte die Kanzlerin: „Ein bürokratisches Monster ist das nicht." Merkel verteidigte auch den Konsolidierungskurs ihrer Regierung und ergänzte: „Schröder hat das alles andere als geschafft."

Fraktionschef Volker Kauder (CDU) wurde deutlicher: „Schröder ist mit seinem Basta-Führungsstil gescheitert." Kauder fügte hinzu: „Dass er es nötig hat, seine Nachfolger und damit auch seine eigenen Parteifreunde anzugreifen, zeigt, dass er seine Niederlage nicht überwunden hat." Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) nannte Schröders Kritik an Merkel „stillos und sachlich falsch".

CSU-Generalsekretär Markus Söder betonte, Schröder habe „nicht annähernd solche Ergebnisse" vorzuweisen wie die jetzige Koalition. Ein CSU-Sprecher wies Schröders Angriffe auf CSU-Chef Edmund Stoiber als „plumpes Nachtreten" zurück. Schröder hatte sich „befremdet" gezeigt, dass Stoiber sein Angebot, EU-Kommissionspräsident zu werden, nicht angenommen habe.
(ddp,dr)