Denkmalschutz bewahrt Kirche in Recklinghausen vor dem Abriss

Wenn die Kita in die Kirche einzieht

2026 wird die St.-Markus-Kirche Recklinghausen 60 Jahre alt. Zum Feiern ist der Gemeinde aber nicht zumute. Die Kirche wird geschlossen. Redakteur und Weihekandidat Oliver Kelch blickt traurig, aber hoffnungsvoll auf "seine" Kirche.

Autor/in:
Oliver Kelch
Die Sankt Markus Kirche in Recklinghausen wird im März 2026 für einen Umbau geschlossen. / © Oliver Kelch (DR)
Die Sankt Markus Kirche in Recklinghausen wird im März 2026 für einen Umbau geschlossen. / © Oliver Kelch (DR)

Als am 25. April 1966 in Recklinghausen die Sankt Markus Kirche eingeweiht wurde, feierte das gesamte Westviertel der Stadt. Die Planungen zu dieser modernen Kirche erfolgten während des II. Vatikanischen Konzils nach einem Entwurf von Hans Schilling. Die schmalen Fenster wurden vom deutschen Glasbildner und Maler Johannes Schreiter gestaltet. 

Der fünfeckige Turm ist 28 Meter hoch und eigenständig, getrennt von dem Kirchenbau. Die Mauern der Kirche sind aus rotbraunem Klinker errichtet und die Ausbuchtungen weisen auf besonders heilige Orte im Inneren der Kirche hin: den Altarraum, die Taufkonche, die Orte der Sündenvergebung. Aus der Vogelperspektive erscheint die Kirche als ein fünfeckiger Stern.

Sankt Markus Kirche Recklinghausen aus der Vogelperspektive. / © Sankt Peter Recklinghausen
Sankt Markus Kirche Recklinghausen aus der Vogelperspektive. / © Sankt Peter Recklinghausen

Zunehmende Säkularisierung

Sechzig Jahre später hat auch das Bistum Münster mit der Säkularisierung zu kämpfen. Zur Propsteipfarrei St. Peter zählen neun Kirchengemeinden, eine davon ist die Sankt Markus Gemeinde. Und diese Gemeinde, in der ich mehr als 25 Jahre als Messdiener, Lektor, Kommunionhelfer sowie Wortgottesdienstleiter wirkte, erlebt nun eine große Zäsur. Die hohe Zahl an Kirchenaustritten, weniger Taufen und Sonntagsmessen mit nur noch 50 Personen sind die Regel. Dies hat nun unweigerlich dazu geführt, dass das Kirchengebäude verändert werden muss.

Meine Kirche, der Ort meines christlichen Glaubens und der Ausbildung zum Diakon, wird geschlossen. Wenn man der Entwicklung etwas Gutes abgewinnen möchte, dann ist es, dass die Kirche nicht ganz aufgegeben wird. Das war ursprünglich vorgesehen. Der Denkmalschutz hat dem sprichwörtlich einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Denkmalschutz "rettet" Kirche

Ein Abriss kam nicht in Frage. Das gesamte Ensemble von Kirchturm, Kirchengebäude, angebautem Pfarrhaus sowie Kirchplatz ist als Einheit gesehen für den Denkmalschutz schützenswert. Auch die Gestaltung des Innenraums und der Kirchenfenster haben eine besondere Strahlkraft, die der Denkmalschutz sicherte. Somit mussten neue Ideen auf den Tisch.

Zunächst wurde über ein Ensemble von verkleinertem Kirchenraum und Wohnungen für ehemalige Obdachlose nachgedacht, die in der Kirche ein neues Zuhause finden könnten. Zu diesem Projekt kommt es nun aufgrund baurechtlicher Bedenken nicht. 

Der Innenraum der Sankt Markus Kirche bietet bis zu 300 Menschen einen Sitzplatz / © Oliver Kelch (DR)
Der Innenraum der Sankt Markus Kirche bietet bis zu 300 Menschen einen Sitzplatz / © Oliver Kelch (DR)

Propst Karl Kemper von der Pfarrei St. Peter freut sich, dass es nun dennoch eine Lösung gibt, die ab März 2026 umgesetzt wird. "Das Kirchengebäude wird zukünftig eine Kita mit vier Gruppen, einen Gemeinderaum sowie einen verkleinerten Kirchenraum beherbergen. Der jetzige Altarbereich wird weiter genutzt werden können und vermutlich 60 bis 80 Besuchern einen Sitzplatz bieten", so Kemper. "An Hochfesten wie Weihnachten und Ostern könnte der direkt angrenzende Gemeinderaum zusätzlichen Platz bieten", so Kemper weiter. "Die Kita, die in Holzbauweise über zwei Etagen in das Kirchengebäude gebaut wird, wird bis zu 80 Kinder beherbergen."

Das Gemeindehaus sowie die Kindertagesstätte von Sankt Markus sind sanierungsbedürftig und werden abgerissen. / © Oliver Kelch (DR)
Das Gemeindehaus sowie die Kindertagesstätte von Sankt Markus sind sanierungsbedürftig und werden abgerissen. / © Oliver Kelch (DR)

Denkmalschutz liefert tragfähige Idee

Die Idee zur Kita kam auf, da klar war, dass die zur Gemeinde gehörende Kindertagesstätte dringend renoviert werden musste. Seit mehr als 15 Monaten gehen die Kinder in eine alte Grundschule. Dies sollte nur als Übergangszeit dienen. "Der Denkmalschutz brachte die Idee mit der 'Kita in der Kirche' ins Spiel", so Kemper. Auch das Gemeindehaus der Gemeinde ist sanierungsbedürftig.

Ab da war die Zeit der Architekten und des Investors gekommen. Das komplette Areal von Kirche, Kita, Gemeindehaus und Außengelände wurde verkauft, ein Investor wird nun die Umgestaltung der Kirche übernehmen und die Einheiten ab Fertigstellung an die Kirchengemeinde vermieten. 

Der Altar der Sankt Markus Kirche wird auch im verkleinerten Gotteshaus seinen Platz haben. / © Oliver Kelch (DR)
Der Altar der Sankt Markus Kirche wird auch im verkleinerten Gotteshaus seinen Platz haben. / © Oliver Kelch (DR)

Die Architekten denken auch noch weiter. Ein Elterncafé soll Mutter und Vater Zeit zum Austausch mit anderen bieten und im Pfarrbüro können diverse Formalitäten erledigt werden. Sollte die Kita in 50 Jahren nicht mehr benötigt werden, kann alles zurück gebaut werden. Die Fliesen, die dann schon 110 Jahre alt wären, würden wieder zum Vorschein kommen, ohne zerstört worden zu sein. 

Abschied und Neuanfang

Wenn ich das höre, wird mir bei aller Traurigkeit auch warm ums Herz. Meine erste Assistenz als Diakon im November 2026 werde ich zwar nicht in "meiner" Kirche feiern können, aber es ist ein schönes Gefühl zu wissen, dass ab Frühjahr 2027 in eben dieser Kirche Kinder, Familien, Senioren – also alle Gemeindemitglieder – ein für Recklinghausen einmaliges Projekt "ihr Eigen" nennen können. 

Der Umbau beginnt im März 2026. Altar, Taufkonche und Tabernakel werden für diese Zeit verpackt und spätestens Ostern 2027 - so der Plan - wieder im Gotteshaus ihren Platz haben. Bis dahin nutzen wir die Kapelle im naheliegenden Krankenhaus. 

Oliver Kelch (DOMRADIO.DE-Redakteur und Weihekandidat) / © Nicolas Ottersbach
Oliver Kelch (DOMRADIO.DE-Redakteur und Weihekandidat) / © Nicolas Ottersbach

Gott an zwölf Orten

Übergangsweise würde ich gerne einmal im Monat unter dem Motto "Gott an zwölf Orten" Wort-Gottes-Feiern an besonderen Orten wie der Sternwarte, einem Parkhaus, einem Gewächshaus oder dem Tennisplatz realisieren - auch in Vorbereitung auf meine Weihe. Das werde ich unserem Pfarrer in Kürze vorschlagen. 

Sobald das Gebäude wieder zur Verfügung steht, bin ich davon überzeugt, dass es eine positive Strahlkraft haben wird. Viele Eltern sind bestimmt schon jetzt sicher, dass sie ihre Kinder in der modernsten Kita der Stadt anmelden werden. Wer kann schon von sich behaupten, als Kind in einer "Kita in der Kirche" gewesen zu sein.

Quelle:
DR

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