In den USA haben rechtsextreme Verschwörungstheorien Tradition

Hass auf Obama

Barack Obama kam mit dem Vorsatz ins Oval Office, er werde Gegensätze überbrücken und "überparteilich" regieren. Bei der Gesundheitsreform, dem wohl wichtigsten Reformprogramm des Präsidenten, kollidieren aber Wunsch und Realität. Die wütenden Proteste aufgebrachter Gegner haben die dunkle Seite der politischen Kultur der USA zutage gebracht.

Autor/in:
Konrad Ege
 (DR)

Die lärmenden Gegner der Reform stellen nur eine Minderheit, aber sie prägen die Diskussion. Extremismus-Experten warnen vor dem Aufleben gewaltbereiter Gruppen. Rechtsextreme Verschwörungstheorien über «Eliten an der Macht» haben in den USA Tradition, besonders in schweren Zeiten, sagt Chip Berlet vom Extremismusforschungsinstitut Political Research Associates in Massachusetts. Bei den Protesten gegen Obama spiele auch Rassismus eine Rolle. Millionen Weiße hätten offensichtlich Probleme, dass ein schwarzer Mann im Weißen Haus sitzt.

In Hagerstown im US-Bundesstaat Maryland wurde Mitte August bei einer Kundgebung zur Gesundheitsreform ein 51 Jahre alter Mann festgenommen. Er hatte ein Schild mit der Aufschrift «Tod für Obama» und «Tod für Michelle Obama und ihre beiden dummen Kinder» getragen. Kenner der rechtsextremen Szene sind zunehmend besorgt über die aufgeheizte Rhetorik. Ronald Kessler ist Autor eines Buches über den Secret Service, der für den Schutz des Präsidenten zuständig ist. Er sagt, Obama erhalte vier mal so viele Drohungen wie sein Amtsvorgänger George W. Bush.

Furcht vor dem schwarzen Mann?
Mark Potok vom «Southern Poverty Law Center» in Montgomery im US-Staat Alabama ist überzeugt, dass sich eine «beträchtliche Zahl» weißer US-Amerikaner vor Obama fürchtet. Sie hätten Angst, dass ihnen «das geraubt wird, was ihre weißen Ahnen geschaffen haben». Und das Extremismusforschungsinstitut Political Research Associates berichtet in einer neuen Studie, dass selbst sogenannte «Milizengruppen» wieder Zulauf fänden. Rund 50 neue Gruppen seien 2008 und 2009 entstanden.

Die Milizen bilden zum bewaffneten Kampf aus für den Fall, dass die politische und wirtschaftliche «Elite» die US-Verfassung «brechen» sollte. Hochkonjunktur hatten die Milizen Anfang und Mitte der 90er Jahre. Damals hieß es, Präsident Bill Clinton wolle eine «Neue Weltordnung» einführen und «Patrioten» in Konzentrationslager werfen. Der Golfkriegsveteran Timothy McVeigh verkehrte in Milizenkreisen und nahm die Thesen offensichtlich ernst. 1995 zündete er in Oklahoma City eine Lastwagenbombe, die einen Teil des Alfred P.
Murrah-Regierungsgebäudes in die Luft jagte und 168 Menschen in den Tod riss.

Anfang April 2009 gelangte ein nur für den Dienstgebrauch bestimmter Rechtsextremismus-Bericht des US-Heimatschutzministeriums an die Öffentlichkeit. «Das gegenwärtige wirtschaftliche und politische Klima» radikalisiere Extremisten und fördere Anwerbung von Mitstreitern, befand die Behörde. Unter ähnlichen Bedingungen seien in den 90er Jahren «einheimische rechte Terrorgruppen» entstanden. Die Milizenbewegung kam nach Oklahoma City zwar zum Erliegen. Das Heimatschutzministerium warnte jedoch in seinem Bericht, die «Bedrohung durch Einzelkämpfer und kleine terroristische Zellen sei heute ausgeprägter als in der Vergangenheit».

Feinseligkeit bis hin zur Hysterie
Verstörend wirkten auch die Bilder von Schusswaffen tragenden Männern, die jüngst im Bundesstaat Arizona gegen Obama demonstrierten. Sie wollten damit nach eigenen Worten ihr «Recht» unterstreichen, Waffen zu tragen. Der Präsident hatte im Wahlkampf eine Eindämmung des illegalen Waffenbesitzes und ein Verbot von Handfeuerwaffen angekündigt.

Politiker der Republikanischen Partei sehen die «militanten» Proteste gegen den Demokraten Obama - und besonders gegen seine Gesundheitsreform - mit gemischten Gefühlen. Einerseits bringe die «August-Revolte» der republikanischen Partei neue Energie, heißt es. Andererseits geht der Ton manchen Republikanern gegen den Strich. Der Abgeordnete Bob Inglis aus South Carolina sprach bei Diskussionsrunden mit Bürgern von einer «Opposition, die zur Feindseligkeit tendiert». Bei manchen Wählerversammlungen werde «die Feindseligkeit zur Hysterie».