Demokraten holen die Mehrheit im Repräsentantenhaus und ringen noch um Senatsmehrheit

Wer hat Angst vor Virginia?

 (DR)

Die US-Amerikaner schauen gebannt auf Virginia: Hier werden noch immer die Stimmzettel für den neu gewählten US-Senat ausgezählt. Sollte auch hier der demokratische Spitzenkandidat gewinnen, hätten die Demokraten auch die Mehrheit in der zweiten Kammer des US-Kongresses. Die erste Kammer, das Repräsentantenhaus, haben die Republikaner von US-Präsident Bush schon verloren. Für Bush sind die Kongresswahlen eine herbe Niederlage. Präsidentensprecher Snow sagte in Washington, man werde mit den Demokraten bei den wichtigsten Themen zusammenzuarbeiten. Mathias Peter über die Ergebnisse und erste Reaktionen. Korrespondent Dr. Andrew Danison über die Folgen der Wahl.

Im Senat noch alles offen
Insgesamt benötigen die Demokraten sechs zusätzliche Senatssitze, um eine Mehrheit zu erringen. Die Demokraten konnten bislang fünf zusätzliche Sitze in Pennsylvania, Rhode Island, Ohio, Montana und Missouri zugewinnen. In dem nun entscheidenden Bundesstaat Virginia zeichnet sich ein spannender Kampf ab.

Prominente Senatsmitglieder wie Hillary Clinton und Edward Kennedy von den Demokraten und der Republikaner Richard Lugar verteidigten ihre Sitze erfolgreich.

Auch bei den Gouverneurswahlen gab es demokratische Erfolge. Der demokratische Generalstaatsanwalt Deval Patrick wurde dem Sender CBS zufolge zum ersten schwarzen Gouverneur im Bundesstaat Massachusetts gewählt.

Er ist in der Geschichte der USA überhaupt erst der zweite afro-amerikanische Gouverneur eines Bundesstaats. In Ohio gewann der Demokrat Ted Strickland den Gouverneursposten, der bisher von den Republikanern gehalten wurde.

Erstmals Muslim in den US-Kongress gewählt
Zum erstem Mal in der Geschichte der USA ist ein Muslim in den amerikanischen Kongress gewählt worden. Der 43-jährige Demokrat Keith Ellison gewann in Minneapolis (Bundesstaat Minnesota) mit deutlicher Mehrheit. Der Afro-Amerikaner setzte sich gegen seinen republikanischen Rivalen Alan Fine und eine unabhängige Kandidatin durch. Nach dem vorläufigen Endergebnis erhielt Ellison etwa zwei Drittel der Stimmen.

Ellison ist Rechtsanwalt. Er hatte im Wahlkampf den umgehenden Abzug der US-Streitkräfte aus dem Irak gefordert, ebenso eine staatliche Krankenversicherung und verbesserte Umweltschutzgesetze. Der republikanische Kandidat Fine behauptete, Ellisons Spender hätten Verbindungen zu «terroristischen Organisationen». Ellison ist auch der erste schwarze Kongressabgeordnete aus dem von Weißen dominierten Bundesstaat Minnesota. In den USA leben mehr als eine Million Muslime.

Weniger evangelikale Stimmen für die Republikaner
Die Republikaner haben bei den US-Kongresswahlen einer Umfrage zufolge weniger Stimmen von weißen Evangelikalen bekommen als vor zwei Jahren. 70 Prozent der weißen evangelikalen Wähler stimmten für republikanische Kandidaten, berichtete die Wahlforschungsgruppe «National Election Pool» am Mittwoch. Fast 30 Prozent fielen demnach auf die Demokratische Partei. 2004 hatten den Angaben zufolge 74 Prozent der Evangelikalen Republikaner und knapp 26 Prozent Demokraten gewählt.

Nach Angaben der Wahlforscher tendierten auch regelmäßige Kirchgänger zwar mehrheitlich zu den Republikanern, doch gab es auch in dieser Gruppe einen Zugewinn für die Demokraten. 54 Prozent von ihnen hätten für Kandidaten der Republikanischen Partei gestimmt, hieß es. 2004 waren es noch 61 Prozent gewesen. Der «National Election Pool» ist ein ein Konsortium von Fernsehsendern und Tageszeitungen.

Bei Befragungen nach der Stimmenabgabe hatten die Wähler insgesamt mit deutlicher Mehrheit erklärt, sie seien mit Präsident George W. Bushs Amtsführung und dem Krieg im Irak unzufrieden. Drei Viertel der Befragten gab an, die Korruptionsskandale in Washington seien «sehr wichtig» oder «extrem wichtig» für ihre Wahlentscheidung gewesen. Die unzufriedenen Wähler stimmten mehrheitlich für Demokraten. Außerdem gaben 89 Prozent der Afro-Amerikaner und 70 Prozent der Latinos demokratischen Kandidaten ihre Stimme.