das rote Herz

Das Geschenk

Es ist rot und weich und hat ein aufgesticktes Smileygesicht. Und liegt immer auf meinem Bett. Ein kleines rotes Herzkissen. Ein Geschenk. Eines der schönsten, das ich je bekommen habe.

Das rote Herz / © Angela Krumpen
Das rote Herz / © Angela Krumpen

Es ist viele Jahre her. Da kam der Große von einer Grundschulklassenfahrt zurück. "Für Dich", sagte er. Und drückte mir ein rotes Herz die Hände.

Für einen Moment stockte mir der Atem, fehlten mir die Worte. Für einen Moment war ich nur Glück. Völlig unerwartetes, völlig überraschendes Glück.  Seitdem hege und pflege ich dieses kleine, rote Herz.

Später habe ich nur noch selten Geschenke von ihm bekommen.  Als ich auch zu einem großen, runden Geburtstag nichts bekomme, frage ich dann doch mal nach. Die Antwort gibt mir reichlich Stoff zum Nachdenken:  "Wenn ich Dich gefragt habe, was du dir wirklich wünschst, hast du immer gesagt: ein glückliches Kind. Das habe ich geglaubt".

Stimmt, das habe ich gesagt. Und auch gemeint. Dachte ich. Aber wirklich gemeint haben kann ich es ja nicht. Warum  sonst sticht der Stachel, dass  mein Kind mir höchst selten etwas schenkt, tiefer als mir lieb ist?

Ich muss mir eingestehen: Ja, ich will dass er glücklich ist. Aber ich will auch beschenkt werden. Von ihm. Will seine Zuneigung fühlen.

Als mir das klar wird, schüttele ich den Kopf. Über mich. Werde rot. Weil:  wie oft drückt der Große seine Zuneigung aus. Ein fröhliches "Halloooo", wenn ich mein Auto vor seinem Fenster parke und er von seinem Bildschirm hoch sieht. Am Tisch zieht er mich zu sich runter. Okay das, fühlt sich an,  wie in den Schwitzkasten genommen werden, ist aber in Wirklichkeit eine liebevolle Umarmung.  Je länger ich nachdenke, umso mehr fällt mir ein. Auch, dass er an meinem letzten Geburtstag mit verschmitztem Gesicht, einen Strauß Blumen hinter seinem Rücken hervorholt. In meinen Lieblingsfarben.

Dieses Weihnachten erhoffe ich mir kein Geschenk von ihm. Dieses Mal stimmt es wirklich. Erstens,  weil ich immer reich beschenkt werde. Der Kleine zum Beispiel verbringt Wochen damit, für jeden in der Familie das genau passende zu finden. Berät sich, spart sein ganzes Geld, fährt mit Bus und Bahn in die nächste Kleinstadt. Und kommt mit wundervollen Dingen zurück.

Und zweitens, weil mich das Nachdenken hat mich entspannt hat. Lächelnd stehe ich vom Schreibtisch auf. Komme auf dem Weg zur Tür an dem kleinen roten Herzkissen vorbei.

Mir ist, als zwinkerte es mir zu.