"Das Ritual" bringt Anthony Hopkins als Exorzist ins Kino

Dämonische Störung

Was die Vatikanzeitung "Osservatore Romano" ganz allgemein "anständig und respektvoll" nennt, beschert empfindlichen Kinobesuchern womöglich Albträume: Mikael Hafströms neuer Horrorstreifen "Das Ritual" mit Sir Anthony Hopkins als mysteriösem Exorzisten und Colin O'Donoghue als zweifelndem Priesteranwärter, der sich in Rom finsteren Mächten stellen muss.

Autor/in:
Silvia Schober und Burkhard Jürgens
 (DR)

Der Film beginnt mit einem Zitat von Papst Johannes Paul II.: Der Kampf gegen den Teufel geht weiter, "denn der Teufel lebt und ist in der Welt aktiv". Dem folgt auch der "Osservatore": Unter dem Titel "Ob man dran glaubt oder nicht: Der Teufel existiert" widmet die Vatikanzeitung dem Film lobende Worte: Zwar reiche er nicht an das filmische Vorbild "Der Exorzist" von Regisseur William Friedkin aus dem Jahr 1973 heran, aber er sei "respektvoll" gestaltet. Das Thema werde differenziert behandelt und ein positives Priesterbild gezeichnet. Filmkritiker im deutschsprachigen Raum gehen unterdessen weniger freundlich mit der internationalen Produktion um.



Der Inhalt: Priesteranwärter Michael Kovak (O"Donoghue) nimmt in Rom an einer Exorzistenausbildung teil. Von "Besessenheit" an sich sowie den Behandlungsmethoden ist er vorerst nicht sonderlich überzeugt. Schnell aber ändert sich das Weltbild des Zweiflers: Die Begegnung mit dem exorzismuserfahrenen Father Lucas Trevant (Hopkins), geheimnisvolle Geschehnisse und unerklärliche Begebenheiten führen Michael selbst an den Rand des Wahnsinns. Schließlich umweht auch Father Lucas ein geheimnisvoller, geradezu "teuflischer" Hauch.



Der seit seiner Darstellung des genialen Mörders Hannibal Lecter immer wieder in angsteinflößenden Rollen agierende Hopkins stellte sich in Interviews auch der Gretchenfrage. "Was erwarten Sie von einem, der einen Atheisten als Vater und einen Marxisten als Großvater hatte?", fragte er zurück. Ohne jede kirchliche Prägung aufgewachsen, suchte Hopkins in einer Krise schließlich doch Beistand von oben und fand, wie er sagt, "Gefallen an der Idee einer göttlichen Kraft".



Das Rollenvorbild existiert leibhaftig

Jetzt hatte der 73-jährige Oscarpreisträger sich auch mit dämonischen Kräften zu befassen. Bevor er in den Talar des satansbeschwörenden Priesters schlüpfte, musste Hopkins, wie er bei der Vorstellung des Films in Rom bekannte, sich zuerst selbst ein paar Zweifel austreiben lassen. Immerhin sein Rollenvorbild existiert leibhaftig: Gabriele Amorth, Exorzist der Diözese Rom und, wenn man so will, auch des Papstes.



Seit 1986 arbeitet der studierte Jurist und Priester als Teufelsaustreiber. 1990 rief er die Internationale Exorzistenvereinigung ins Leben. Noch immer amtiert er, inzwischen fast 85, als deren Ehrenpräsident. Auf sein Konto sollen stolze 70.000 Exorzismen gehen; er selbst sagt in Interviews, mit echter Besessenheit habe er es so etwa 100 mal zu tun gehabt. Der Rest: kleine dämonische Störungen. Oder psychische Probleme.



Die meiste Zeit ging der hagere Gottesmann unbehelligt seinem Ruf und Auftrag nach. Populärer wurde er plötzlich vor ein paar Jahren, als Boulevardzeitungen das Thema entdeckten. Auslöser war der öffentlich geäußerte Wunsch irgendeines Pastoralverantwortlichen, dass es eigentlich in jedem Bistum einen Exorzisten geben solle. Flugs wurde das zu einem Aufmarschplan des Papstes wider die Mächte der Hölle umgemünzt. Auch die Kurse für angehende Exorzisten an einer päpstlichen Universität in Rom fanden auf einmal Aufmerksamkeit.



Rom ist nicht Rom

Ein solches Seminar war es auch, das den jungen US-amerikanischen Journalisten Matt Baglio auf das Thema hob. Die restlichen Ingredienzen für die Romanvorlage von "Das Ritual" waren rasch beisammen: ein junger Priester, eine attraktive Frau, Reiz und Rätsel der Papst-Stadt Rom.



Schade beim Film: Ein beträchtlicher Teil der Dreharbeiten fand in Budapest statt. So enthält der Streifen auf formaler Ebene die Doppelbödigkeit, die die Erzählung suggeriert: Hinter der scheinbar vertrauten Kulisse steckt eine andere, befremdliche Wirklichkeit. Rom ist nicht Rom. Kritiker waren indessen von der Macht des Bösen, wie sie "Das Ritual" präsentiert, bislang nicht allzu erschüttert. Amorth hätte vielleicht gesagt: kleine dämonische Störung.