Das "katholische" Hetz-Portal kreuz.net ist nur schwer zu fassen

Die Grenzen des Rechts

Immer wieder distanziert sich die Kirche von der Seite kreuz.net, wie jüngst nach einem Hetz-Artikel gegen den verstorbenen Schauspieler Dirk Bach. Der Verfassungsschutz beobachtet das Portal, doch verboten werden konnte es bislang nicht. IT-Anwalt Christian Solmecke im domradio.de-Interview über die Schwierigkeiten.

kreuz.net: Hetze im Namen der katholischen Kirche (DR)
kreuz.net: Hetze im Namen der katholischen Kirche / ( DR )

domradio.de: Im Internet haben viele User angekündigt, Strafanzeige gegen kreuz.net stellen zu wollen. Welche Chancen haben sie?

Solmecke: Grundsätzlich gibt es in Deutschland die Meinungsfreiheit. Das ist eines unserer höchstgeschützten Güter. Diese Meinungsfreiheit wird immer dann eingeschränkt, wenn die Meinung in den beleidigenden Bereich abdriftet. Und das ist hier ganz klar der Fall. Strafanzeige kann der erstatten, der konkret beleidigt worden ist, das kann nicht jedermann tun.



domradio.de: Nun wurde mit Dirk Bach ein Verstorbener beleidigt...

Solmecke: Verstorbene haben auch noch Rechte, das sogenannte postmortale Persönlichkeitsrecht. Auch mit dem guten Namen eines Verstorbenen kann man nicht ohne weiteres machen, was man will. Dieses Recht verblasst erst wenige Jahre nach dem Tod des Beleidigten. In diesem konkreten Fall haben die Erben von Dirk Bach das Recht dagegen vorzugehen.



domradio.de: Kann ein Text die Schließung einer ganzen Seite nach sich ziehen?

Solmecke: Es gilt die Einzelfallbetrachtung. Man schaut sich immer den einzelnen Text an und kann dann gegen ihn selber vorgehen. Wenn allerdings eine ganze Plattform volksverhetzende Züge trägt, gibt es auch die Möglichkeit, sie ganz zu schließen. Das ist dann eine Aufgabe für die Staatsanwaltschaft.



domradio.de: Wie wäre das dann praktisch machbar?

Solmecke: Selbst wenn die Rechtslage eindeutig ist, kann die Vollstreckung schwierig werden. Das ist beispielsweise immer dann der Fall, wenn ich gar nicht genau weiß, wer die Plattform betreibt. Wir kennen das von den kino.to-Verfahren: Hier tappte die Polizei jahrelang im Dunkeln. Erst als Menschen andere verrieten, konnte man die Verantwortlichen greifen. Und so sieht es auch hier bei kreuz.net aus. Solange nicht klar ist, wer eigentlich dahinter steckt, sind der Polizei die Hände gebunden.



domradio.de: Wo liegt die größte Hürde?

Solmecke: Zunächst einmal müssten die Verantwortlichen ausfindig gemacht werden, das ist wohl der schwierigste Schritt. Rechtlich geht es dann um Beleidigungen. Die verfolgt der Staatsanwalt regelmäßig. Wenn es dann zu einer Verurteilung kommt, drohen schwere Haftstrafen.



domradio.de: Ein Rechtsanwaltskollege von Ihnen sagte gegenüber der "Süddeutschen Zeitung": "Das ist normale Polizeiarbeit, den Betreiber eines Servers ausfindig zu machen.  Da gibt es Experten, die knacken das." Sind Sie da auch so optimistisch?

Solmecke: Ich bin da weniger optimistisch. Die Polizei hat zwar sehr gute Rückverfolgungsmöglichkeiten. Die enden aber oft an den Grenzen Deutschlands. Wir haben ein globales Internet. Aber davon, die Rechte global  durchzusetzen, sind wir sehr weit entfernt.



domradio.de: Gibt es keine Beispiele für erfolgreiche Seitensperrungen?

Solmecke: In der Vergangenheit ist versucht worden, sogenannte Sperrungsverfügungen zu erlassen. Das hat bedeutet, dass alle Provider in Deutschland, die einen Internetzugang anbieten, gewisse Seiten nicht mehr durchlassen. Eine kleine Netz-Zensur also. So haben wir in Deutschland ein anderes Internet als Frankreich. Allerdings wurde davon bislang nur sehr selten gebrauch gemacht. Und wenn, haben sich einzelne Provider gewehrt. So konnte das Instrument der Sperrungsverfügung bislang kaum durchgesetzt werden.



Das Gespräch führte Michael Borgers.