Das Kapitelsamt zum fünften Fastensonntag aus dem Kölner Dom - Predigt hier in Bild und Ton

Über Gottes Gesetz und Misereor

domradio übertrug am 5. Fastensonntag das Kapitelsamt mit Prälat Johannes Bastgen. In seiner Predigt setzte sich der Domdechant mit der Erzählung der Ehebrecherin aus dem Johannes-Evangelium auseinander. "Jesus macht deutlich: Es mag Gesetze geben - aber das Gesetz der Liebe und Barmherzigkeit ist größer. Gott lässt uns alle hoffen: Wir können unsere Schuld vor ihm bekennen!"

 (DR)

Diese Situation haben wir alle schon einmal erlebt: Wie ich es mache - ich mache es falsch. In dieser Lage befindet sich Jesus in der Erzählung von der Ehebrecherin (vgl. das Evangelium), einem vermutlich frühen Text, der jedoch spät ins Johannes-Evangelium gefunden hat. Worum geht es? Jesus lehrt im Tempel. Er wird vom Volk als Schriftgelehrter anerkannt. Auch die Schriftgelehrten und Pharisäer sprechen ihn als „Lehrer" an. Nun wollen sie ihn aber bei einem Fehlurteil packen. Die in flagranti Ertappte kommt da gerade recht. Jesus kann jetzt nicht ausweichen. Wenn er die Frau schützt, kann man ihm Missachtung der Ehe vorwerfen. Empfiehlt er aber, die Ehe, wie es das Gesetz vorsieht, mit der schärfsten Waffe zu sichern, der Todesstrafe, wie steht es dann um seine Glaubwürdigkeit als menschenfreundlicher Heiland? Abgesehen davon, dass ein jüdisches Todesurteil eine Widersetzlichkeit gegen den römischen Staat bedeuten würde. Jesus steht mit dem Rücken zur Wand. Wie er es macht, er macht es falsch. Doch das ist unsere Logik. Jesus lebt aus der Logik Gottes, der Logik der Liebe -  und die Welt gerät aus den Fugen, die Wand weicht.

Erste Lesung
Wer ist Gott? Einer, der zupackt, wo Menschen definitiv im Schlamm stecken. Der Türen öffnet, wo eiserne Riegel hemmen. Der Licht macht, wo es stockfinster wird. Der Zukunft gibt, wo kein Morgen dämmern will. So hat es das Volk Israel erfahren, beim Ausbruch aus dem Gefängnis, zu dem Ägypterland geworden war. Nun aber, nach dem Siegeszug der babylonischen Heere, jetzt ist wirklich alles aus! Einige wenige halten mutig dagegen. Kühn und gläubig hoffen sie auch jetzt auf den Gott, der sein Volk befreit. Das Jesajabuch rühmt ihn in neuen, wunderbaren Bildern. Die Wüste wird zur fruchtbaren Flusslandschaft und die wilden Bewohner der Wüste, Schakale und Strauße, sammeln sich zum Gotteslob. Gott der Überraschungen! Die Bibel - Mittel gegen einen allzu gesunden Menschenverstand.

Zweite Lesung
Paulus betont das Unterwegssein im Glauben. Auch der Apostel ist nicht am Ziel, doch er streckt sich aus nach dem Ziel. Und er ist von der Bereitschaft geprägt, in Christus neu anzufangen, vermeintliche Gewissheiten zu relativieren angesichts der neuen Wirklichkeit, auf die er sich zu bewegt und die ihn bewegt. Dass er selbst durch Christus ein anderer geworden ist, ist sein stärkstes Argument. Paulus ist der Leibbürge der Frohen Botschaft.

Evangelium
Jesus lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Als die Fragen nicht aufhören, der berühmte Satz. „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie." Keine Polemik, nichts, was verletzt, nur dieser eine Satz. Weil dieser Satz gefallen ist, wird kein Stein fallen. Die Frager hören auf, eine geschlossene Gruppe zu sein, in der sich jeder im Recht fühlen kann und keiner Recht zu sprechen braucht. Jeder Einzelne sieht jetzt die verängstigte Frau, die sein Stein treffen wird. Jedem Einzelnen wird jetzt das Richteramt zugemutet. Und jeder Einzelne muss sich jetzt fragen, ob er als Sünder richten darf. Jesus hat sich als Lehrer erwiesen. Die Schriftgelehrten und Pharisäer werden nicht nur beschämt; sie lassen sich auch beschämen. Sie haben in aller Tiefe etwas verstanden - die Ältesten zuerst. Sie nehmen die Lehre an. Und auch die Frau kann neu anfangen. Jesus hat sie wirklich befreit.