Das Jubiläumsjahr in Lourdes ist abgeschlossen

Ein letzter Höhepunkt

Im südwestfranzösischen Lourdes ist am Montag das Jubiläumsjahr zum 150. Jahrestag der dortigen Marienerscheinungen beendet worden. Bischof Jacques Perrier von Lourdes und Tarbes schätzt die Zahl der Besucher auf rund neun Millionen. Nie zuvor seien so viele Menschen in den Wallfahrtsort gekommen.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
 (DR)

Perrier rief dazu auf, die Wallfahrten nach Lourdes künftig stärker über das Jahr zu verteilen. Es gehe nicht darum, zu einem bestimmten Datum möglichst große Menschenmassen anzuziehen. Auch finanziell sei das Jubiläumsjahr ein Erfolg gewesen, so der Bischof. Allerdings dürfe man sich nicht davon berauschen lassen. Die Einnahmen würden gebraucht, um die Basilika zu renovieren und die Aufnahmemöglichkeiten für kranke und behinderte Wallfahrer zu verbessern. Nach Angaben der Wallfahrtsstätte stieg die Zahl der registrierten Pilgergruppen im Jubiläumsjahr um 50 Prozent.

Am Montag und am Wochenende fanden zum Abschluss des Jubiläumsjahres abermals Prozessionen und Gottesdienste in Lourdes statt. Daran nahmen nach Angaben der Wallfahrtsstätte bis zu 30.000 Menschen teil. Den feierlichen Schlussgottesdienst des Jubiläumsjahres feierte am Montag der Turiner Kardinal Severino Poletto. Er sagte, Lourdes löse bei den Pilgern eine Kraft aus, in einer von Verfolgung und Martyrium geprägten Welt zu ihren Überzeugungen zu stehen.


Die Geschichte von Lourdes
Vor 75 Jahren, am 8. Dezember 1933, sprach Papst Pius XI. die "Seherin von Lourdes", Bernadette Soubirous, heilig. Sie gehört zu den Ikonen der katholischen Kirche - auch wenn sich an ihr bis heute die Geister scheiden: fromme Seherin oder Wichtigtuerin? Wie echt und wie überlagert von anderen Heiligenlegenden ist die Überlieferung vom Mädchen Bernadette, dem vor 150 Jahren im Lourdes Maria erschien?

Die offizielle Lebensgeschichte vermerkt: Ein Mädchen aus bettelarmem Elternhaus, Jahrgang 1844, kränklich, lernschwach und ob ihrer materiellen und körperlichen Mängel verachtet, erfährt mit 14 Jahren beim Schafehüten das Schlüsselerlebnis ihres Lebens: Zwischen dem 11. Februar und dem 16. Juli 1858 erscheint ihr nach eigener Schilderung in der Grotte von Massabielle bei Lourdes 18 Mal eine schöne Dame, die sich zuletzt als die "Unbefleckte Empfängnis" zu erkennen gibt. Die Gottesmutter selbst habe sie beauftragt, eine Kapelle zu errichten und Wallfahrten abhalten zu lassen, berichtet Bernadette.

Nirgends zählt ein Prophet so wenig wie in seiner Vaterstadt - das Bibelwort gilt zunächst auch in dem verschlafenen Ort am Fuß der Pyrenäen. Pilgerströme und Journalisten fallen ein in das Provinzidyll; erste Berichte über unerklärliche Heilungen kursieren. Doch zu Hause wird Bernadette von ihrer Mutter der Lüge bezichtigt für ihren "Faschingsrummel". Der Ortspfarrer und der Bischof unterziehen sie strengen Verhören.

Und der Bürgermeister, dem die Behörden schon drohen, man werde die geplante Zugtrasse an Lourdes vorbeilegen, wenn es nicht bald zur Besinnung komme, klagt: "Sie werden sehen, diese kleine Landplage hat uns die Eisenbahn vermasselt." Derselbe Bürgermeister plant später, als die Bahn schon längst und erst recht in Lourdes Station macht, den Verkauf eines nach ihm benannten Wassers.

Der "Fall Soubirous" verselbstständigt sich: 1862 werden die Erscheinungen vom zuständigen Ortsbischof Laurence von Tarbes, 1891 von Papst Leo XIII. kirchlich anerkannt. 1925 wird Bernadette selig- und 1933 schließlich heiliggesprochen.

Ihr irdisches Leben endet unspektakulär: Die einstige Hilfsschülerin, selbst immer wieder schwer krank, tritt in den Krankenpflege-Orden der "Dames de Nevers" ein. Dort stirbt sie 1879 mit nur 35 Jahren - vielleicht von ihren Mitschwestern um ihre Erscheinungen beneidet, aber alles andere als ein Star.

Unterdessen nimmt das Wunder von Lourdes seinen Lauf: Bischof Laurence beauftragt den Journalisten Henry Lasserre (1828-1900), den das Lourdes-Wasser von seiner Blindheit geheilt haben soll, die Visionen der Bernadette aufzuzeichnen. Das 1869 veröffentlichte Werk erscheint 1892 schon in 125. Auflage.

Als Lourdes längst einer der berühmtesten Wallfahrtsorte der Welt ist, verfasst Emile Zola mit dem ersten Roman seiner Trilogie "Les trois villes" 1894 eine Polemik gegen die "kollektive Illusion" von Wunderheilungen und den florierenden Kommerz. Die Folge ist eine nie dagewesene Flut von Veröffentlichungen über die Wundergrotte.

Diese Ambivalenz hat sich bis heute erhalten. Lourdes zieht Jahr für Jahr Hunderttausende Kranke und Behinderte an. Und aus der Ferne lässt es sich zwar trefflich spotten über Marien-Marketing und angeblichen Aberglauben. Doch seit 1858 sind mehr als 30.000 unerklärliche Heilungen gemeldet, von denen die Kirche 67 offiziell als Wunder anerkannt hat. Das Wasser aus der Grotte von Massabielle ist gefragt; etwa 120.000 Liter fließen täglich.

Auch die Päpste stehen weiter fest zu Lourdes. Johannes Paul II. absolvierte hierhin 2004 die letzte seiner 104 Auslandsreisen, mit letzter Kraft. Und Benedikt XVI. kam im September zum Jubiläum - als einziger Station seines Frankreich-Besuchs neben Paris.