Das Institut Papst Benedikt verwaltet Gesamtwerk des Kirchenoberhaupts

Ratzinger auf Koreanisch

Nur noch zehn Wochen sind es bis zum Besuch des Papstes in Deutschland. Und Rudolf Voderholzer hat alle Hände voll zu tun. Der Gründungsdirektor des Instituts Papst Benedikt in Regensburg ist verantwortlich für die Herausgabe der gesammelten theologischen Schriften von Benedikt XVI.

Autor/in:
Uli Scherr
 (DR)

Zum Besuch im September sollen zwei weitere Bände der auf 16 Teile angelegten Gesamtausgabe erscheinen. "Es könnte ein bisschen knapp werden", sagt der 51-jährige Theologieprofessor.



Das im Herbst 2008 gegründete Institut am Rande der Regensburger Altstadt ist einerseits für die Pflege des wissenschaftlichen Werks von Joseph Ratzinger verantwortlich. Andererseits wird hier auch der gesamte Nachlass des Kirchenoberhaupts gesammelt und verwaltet. "Wir sind damit fast schon ein bisschen spät dran", sagt Institutsdirektor Voderholzer. Denn viele Briefe Ratzingers an Freunde, Kollegen oder Studenten seien womöglich nicht mehr aufzufinden und damit für immer verloren.



Spurensuche im Internet

Zu Voderholzers Aufgaben - neben der Gesamtausgabe - gehört der Aufbau einer Spezialbibliothek, die dereinst über sämtliche, jemals erschienene Ratzinger-Schriften in allen Ausgaben verfügen soll. Einer von Benedikts Bestsellern, das Interview-Buch "Salz der Erde" beispielsweise steht hier als Hardcover- und Taschenbuchausgabe im Regal, und zwar auf Deutsch und in zahlreichen Übersetzungen vom Englischen bis zum Ungarischen.



"Zweimal am Tag bin ich im Internet", sagt Voderholzer. Dann durchforstet er die Datenbanken von Antiquariaten nach Ratzinger-Literatur. Zuletzt spürte er so eine koreanische Ausgabe von Ratzingers in 22 Sprachen übersetzten Grundlagenwerks "Einführung in das Christentum" auf. Bei einem Antiquar in Süditalien wiederum konnte er preisgünstig einen kompletten Aktensatz des Zweiten Vatikanischen Konzils ordern.



Die mehreren Zehntausend Seiten an Konzilsdokumenten harren nun im Lesesaal des Instituts ihrer Katalogisierung. Voderholzer streicht beinahe andächtig mit der Hand über die mächtigen Papierstöße: "Über diesen Akten saß auch der junge Professor Ratzinger in seinem Büro an der Bonner Uni."



Die Mitwirkung des Theologen Ratzinger am Zweiten Vatikanum (1962 - 69) dürfte nach Voderholzers Einschätzung eines der spannendsten Themen der künftigen Benedikt-Forschung werden. Ratzinger sei schließlich enger Berater und Mitarbeiter des damaligen Kölner Erzbischofs Joseph Kardinal Frings gewesen, einem der führenden Köpfe im Konzilsprozess. "Da könnten noch einige Überraschungen herauskommen", prophezeit der Ratzinger-Experte Voderholzer.



Nicht alle wertvollen Fundstücke, die das Institut sammelt, liegen in gedruckter Form vor. Aus dem Jahr 1967 etwa stammt ein Satz Tonbänder. Für einen blinden Studenten an der Uni Tübingen hatten Assistenten die Vorlesungen des damals neu berufenen Theologie-Professors Ratzinger mitgeschnitten.



Geheimnisvolle Tonbänder

Diese Vorlesungen gelten als Basis seines 1968 erschienenen Standardwerkes "Einführung in das Christentum", mit dem sich der damals 41-jährige Theologe in der Wissenschaft Weltgeltung verschaffte. "Hochinteressant" seien diese Tonbandaufnahmen daher, sagt Voderholzer und präzisiert: "Vermutlich hochinteressant." Mangels eines geeigneten Abspielgerätes nämlich konnte sich der Institutsdirektor die Mitschnitte bislang noch nie anhören. Experten der Regensburger Universitäts-Bibliothek suchen derzeit nach einem Weg, das Tonbandmaterial zu digitalisieren.



Das Institut hütet nicht nur die wissenschaftlichen Hinterlassenschaften des Papstes. "Alles, wo Ratzinger draufsteht, kommt zu uns", lautet die Devise von Direktor Voderholzer. Und so werden am Regensburger Bismarckplatz mit gleicher Akribie auch Kalender, Bildbände, Meditationsbüchlein, Rosenkränze, Postkarten, sogar Briefmarken aus aller Welt mit Benedikt-Motiv gesammelt und archiviert.



Die Sammelleidenschaft Voderholzers beschränkt sich nicht auf den Autor und Menschen Joseph Ratzinger alleine. Das Institut baut auch eine Bibliothek für die Sekundär- und Quellenliteratur auf. Besonderes Ziel hier: die Werke werden in zeitgenössischen Ausgaben gesammelt, also auf dem Stand, den Ratzinger beim Verfassen seiner eigenen Schriften jeweils vorfand. Voderholzers Vision der perfekten Papst-Bibliothek: "Wenn Benedikt bei uns hereinkäme, müsste er sich gleich wie zuhause fühlen."