Das geraubte Borghorster Stiftskreuz ist wieder aufgetaucht

Stoff für einen "Tatort"

Es hat einen Versicherungswert von 7,75 Millionen Euro. Das von Miri-Clan-Mitgliedern geraubte Borghorster Stiftskreuz ist wieder aufgetaucht. Die Umstände erläutern Münsters Bischof Felix Genn und ein Rechtsanwalt.

Autor/in:
Andreas Otto
Münsters Bischof Felix Genn präsentiert das wiedergefundene Stiftskreuz / © Harald Oppitz (KNA)
Münsters Bischof Felix Genn präsentiert das wiedergefundene Stiftskreuz / © Harald Oppitz ( KNA )

Es ist nicht irgendein Kreuz. Nach seinem Diebstahl trieb es den Kunsthistoriker Jeffrey F. Hamburger im fernen Amerika dazu, eine Art Nachruf auf dieses "Objekt voller Besonderheiten und Geheimnisse" zu schreiben. Er bekundete tiefe Trauer und Erschütterung. Nun ist das Borghorster Stiftskreuz - drei Jahre und drei Monate nach seinem Raub - wieder aufgetaucht.

Lob an die Polizei

Münsters Bischof Felix Genn präsentiert am Freitag mit sichtlicher Freude die Goldschmiedearbeit aus dem 11. Jahrhundert. Er erinnert an seine täglichen Gebete und lobt die Polizei. "Hier haben Himmel und Erde zusammengewirkt." An dem Kunstwerk mit Edelsteinen ist auf den ersten Blick kein Schaden zu sehen, nur der moderne Plexiglas-Fuß fehlt. Es soll aber noch einer gründlichen Untersuchung unterzogen werden.

 

Drei Täter hatten das Kreuz am 29. Oktober 2013 am helllichten Tag aus einer Vitrine in der Nikomedes-Kirche von Steinfurt-Borghorst entwendet. Wie es zurückkam, bietet Stoff für einen "Tatort"-Krimi.

Kein "Lösegeld" bezahlt

"Es ist kein Geld geflossen", versichert der vom Bistum beauftragte Rechtsanwalt Jürgen Römer. Er nahm nach eigenen Worten Kontakt auf mit dem Trio, das vom Landgericht Münster wegen der Tat 2015 zu Freiheitsstrafen von viereinhalb und fünf Jahren verurteilt worden war. Zwei der drei Täter, die aus einer mafiösen libanesisch-arabischen Großfamilie in Bremen stammen, begannen zu "singen" und gaben wichtige Hinweise. Dafür verbüßen sie ihre Strafe nun im offenen Vollzug.

Aber auch ein weiterer Mann, der als Auftraggeber verdächtigt wird, ließ sich laut Römer auf einen Deal ein. Dem im September inhaftierten 42-Jährigen wurde die Entlassung aus der Haft und eine mildere Strafe in Aussicht gestellt - wenn er ein Geständnis ablegt und für die "unversehrte Rückgabe" des Kreuzes sorge. Offenbar erfolgreich. Am Dienstagabend kam es nach den Worten von Römer in einer Bremer Anwaltskanzlei zur Übergabe und am Mittwoch zur Entlassung des Beschuldigten aus dem Knast. Er muss sich ab dem 8. März vor dem Landgericht verantworten.

Versicherungswert bei 7,75 Millionen Euro

Den materiellen Wert des Kreuzes setzen Experten nur auf einen unteren fünfstelligen Bereich an. Aber als kulturhistorisch herausragendes Kunstwerk taxieren sie das Objekt auf eine erheblich höhere Summe; der Versicherungswert lag zuletzt bei 7,75 Millionen Euro.

Das Kreuz gilt als herausragendes Zeugnis sakraler Kunst der Salierzeit. Es besteht aus einem Holzkern und ist vorne mit Gold- und hinten mit Kupferblech beschlagen. In einer Vertiefung sind zwei Fläschchen aus Bergkristall als Reliquienbehälter eingelassen. In byzantinischer Seide eingerollt lagern darin Reliquiensplitter.

Darunter sollen nicht nur Fragmente des wahren Kreuzes und des Schwamms sein, mit dem der gekreuzigte Jesus getränkt wurde, sondern auch ein Splitter vom Bett Mariens.

Eine Inschrift auf der Rückseite führt die Namen von gleich 17 Heiligen auf. Die einer Litanei gleichende Liste endet mit der Bitte, dass die Heiligen "für mich, eine Sünderin", beten mögen. Bei besagter Frau handelt es sich um Bertha, die damalige Äbtissin des Stiftes Borghorst. Auf der Vorderseite findet sich eine Darstellung von Kaiser Heinrich III. (1017-1056), der das Kreuz dem Stift nach einem Konflikt als Sühne gestiftet hatte.

Dieben die Bedeutung ihrer Beute nicht bewusst?

Den Dieben sei die Bedeutung des Raubgutes zunächst nicht bewusst gewesen, erläutert der inzwischen emeritierte Generalvikar Norbert Kleyboldt. Ihnen sei aber schnell der ideelle Wert aufgegangen, und daher hätten sie das Gold nicht eingeschmolzen. Zwischenzeitlich hat laut Römer ein Polaroid-Foto mit einer Zeitung im Hintergrund belegt, dass das Kreuz noch existierte. Die aus dem arabischen Raum stammenden Täter hätten am Ende das Kreuz mit Gegenständen aus einer Moschee verglichen, die sie auch nicht stehlen würden.

Nach den Worten Genns ist noch offen, wann das Kreuz nach Borghorst zurückkehren wird. Dort hat an der leeren Vitrine immer eine Kerze gebrannt, wie der mittlerweile emeritierte Borghorster Pfarrer Heinrich Wernsmann betont. Er habe die Hoffnung auf Rückgabe nie aufgegeben. "Unsere Gebete sind erhört worden."

 

Quelle:
KNA