Das fünfte Thüringer Bachdenkmal ist eine eigenwillige Hommage an den Musiker

Neben dem Sockel

Thüringen setzt am Sonntag einem seiner berühmtesten Söhne das fünfte Denkmal. Das jüngste Standbild für Johann Sebastian Bach soll künftig in Mühlhausen unmittelbar an der Divi-Blasii-Kirche an das Wirken des jungen Musikers in der alten Reichsstadt erinnern.

Autor/in:
Thomas Bickelhaupt
 (DR)

In der evangelischen Hauptkirche am Untermarkt war er von 1707 bis 1708 als Organist tätig. Die feierliche Enthüllung des Denkmals gehört zum Programm des 84. Bachfestes der Neuen Bachgesellschaft, das am Freitag begann.

Anders als bei den bekannten anderen Denkmälern steht der Komponist und Kirchenmusiker in Mühlhausen jedoch nicht auf, sondern neben dem Sockel. Der linke Fuß auf einer angedeuteten Stufe verleiht der lebensgroßen Bronzefigur eine Dynamik, die das Naturell des fortstrebenden Organisten zusätzlich unterstreichen soll. Immerhin bedauerte der Mühlhäuser Stadtrat Bachs Weggang: Weil er "nicht aufzuhalten" sei, müsse man wohl seine "Dimission" annehmen, heißt es in den Akten zum 26. Juni 1708.

Dementsprechend habe er den Musiker als selbstbewussten jungen Mann porträtiert, "der genau wusste, was er wert war, und sich auf dem Weg zu ganz Großem befand", sagt der Bildhauer Klaus Friedrich Messerschmidt aus Halle an der Saale zu seiner Arbeit. Damit erinnert die eigenwillige Hommage zugleich an das Bachdenkmal von 1985 in Arnstadt. Der Bildhauer Bernd Göbel setzte damals einen jugendlichen Organisten ohne Perücke und statt dessen betont lässig auf eine Orgelbank mitten auf den Marktplatz.

Andere Bachdenkmäler in Thüringen
In Arnstadt hatte Bach ab 1703 eine erste feste Anstellung. Von hier aus war er im November 1705 zu seiner legendären "Pilgerfahrt" nach Lübeck aufgebrochen, um Altmeister Dietrich Buxtehude an der Orgel zu hören. Dafür riskierte er sogar seinen Job: Den für vier Wochen genehmigten Urlaub verlängerte er sich um das Vierfache. Der unbestimmte Fernblick der Arnstädter Denkmalsfigur hat deshalb für manche Betrachter ein festes Ziel, das nicht erst seit der Wiedervereinigung als "Sehnsucht nach Lübeck" interpretiert wird.

Auch die anderen Bachdenkmäler in Thüringen spiegeln auf ihre Weise ihre Entstehungszeit wider. In Bachs Geburtsstadt Eisenach vergingen zwischen der ersten Anregung und der Umsetzung 20 Jahre, bevor schließlich am 28. September 1884 an der Taufkirche des Komponisten ein Standbild enthüllt werden konnte. Sein Entwurf stammte von Adolf Donndorf, der im 19. Jahrhundert mit Denkmalsfiguren von Martin Luther über Johann Wolfgang Goethe und seinem Weimarer Herzog Carl August bis zum Reichskanzler Otto von Bismarck der deutschen Geschichte eine plastische Gestalt gab.

Die Nationalsozialisten versetzten jedoch das Eisenacher Denkmal 1938 an den Frauenplan. Dafür ließen sie in der Kirche ein neues aufstellen, mit dem der Architekt und Bildhauer Paul Birr der Nazi-Ideologie von Bach als "höchster Verkörperung nordischer Tonkunst" entsprach. Eingeweiht wurde das Standbild 1939 vom damaligen Landesbischof Martin Sasse - einem der radikalsten Vertreter der nazitreuen und extrem antisemitischen "Deutschen Christen". Das Denkmal steht bis heute im Eingangsbereich der Kirche.

Wechselvoll ist auch die Geschichte eines Denkmals für Weimar, Bachs nächster Station nach dem kurzen Intermezzo von Mühlhausen. Für die Weimarer Jahre als Organist und Hofmusiker bis 1717, die als Zeit der frühen Meisterschaft gelten, wurde zwar zum 200. Todestag 1950 ein Wettbewerb für ein Denkmal ausgeschrieben. Doch in der DDR wurde keiner der 120 Entwürfe realisiert. Als Alternative kam am einstigen Standort von Bachs Wohnhaus eine von Bruno Eyermann entworfene Büste auf den Sockel - allerdings für nur zwei Jahre. Erst seit Dezember 1995 ist die Bronze wieder im Stadtbild zu sehen.