Das birmanische Parlament nimmt am Montag seine Arbeit auf

In Birma nichts Neues

Am Montag tritt das neue Parlament Birmas in der Regierungsstadt Naypyidaw zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Die seit über 40 Jahren in Birma regierende Militärjunta feiert das Ereignis als Übergang zur Demokratie.

Autor/in:
Michael Lenz
 (DR)

Für Nyan ist es hingegen ein trauriger Tag. "Wir wissen doch alle, was sich ändert - nämlich nichts", sagt der 38-jährige Birmane, der seit mehr als zehn Jahren in Singapur lebt.

Seinen richtigen Namen will Nyan nicht nennen. "Das könnte meine Familie in Rangun in Schwierigkeiten bringen." In Singapur fühlt sich der Manager wohl. Er hat dort alles, worauf er in seinem Heimatland verzichten müsste: Einen guten Job, moderne medizinische Versorgung, genügend zu essen und keine korrupten Beamten oder Polizeiwillkür.

Das birmanische Parlament ist aus den Wahlen vom 7. November 2010 hervorgegangen. Dass die regimenahe Partei "Union für Solidarität und Entwicklung" (USDP) den Urnengang haushoch gewann, überraschte niemanden. Nach übereinstimmender Meinung der Opposition in Birma und westlicher Wahlbeobachter verliefen die Wahlen alles andere als frei und fair. In der künftigen Regierung sitzen viele ehemalige Offiziere, die lediglich den Anzug gegen die Uniform tauschten.

Oppositionspartei ausgeschlossen
Das maßgeschneiderte Wahlgesetz schloss die größte Oppositionspartei "Nationale Liga für Demokratie" (NLD) und ihre charismatische Vorsitzende Aung San Suu Kyi von der Wahl aus. Zudem sicherte sich das Militär vorab ein Viertel der Parlamentssitze. Man wollte sich keine weitere "Panne" leisten wie bei den Wahlen 1990, die die NLD in einem Erdrutschsieg gewonnen hatte. Die Junta weigerte sich allerdings, das Wahlergebnis anzuerkennen; 2008 wurde es offiziell annulliert.

Dass Länder wie China und auch der südostasiatische Staatenbund ASEAN das neue Parlament als ersten Schritt zur Demokratie in Birma preisen, verwundert David Mathieson, Birmaexperte der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW). Die Junta habe den Prozess inszeniert, um ihre Interessen zu wahren, und nicht, "um sich auf die Reise hin zu einem größeren Pluralismus in Birma zu begeben".

Zugleich überrollt ein Privatisierungstsunami das Land. Davon profitieren Familienangehörige, Freunde und langjährige Weggefährten der Generäle. Beobachter vermuten, die Militärmachthaber planten, durch eine loyale Unternehmerschicht ihre Macht zusätzlich abzusichern.

Rufe von ASEAN und einiger Parteien in Birma nach einem Ende der westlichen Wirtschaftssanktionen stoßen bei der Opposition und bei Demokratieaktivisten auf Ablehnung. Mathieson kritisiert zudem, die Sanktionen seien nur halbherzig umgesetzt worden. Zu ihrer Verschärfung müssten die ausländischen Konten gefunden und eingefroren werden, auf die das Militär Milliarden aus den reichen Gasvorkommen Birmas bunkere, beklagt der Menschenrechtsexperte.

Menschenrechtsverletzungen abgestritten
Wie wenig die Wahlen änderten, zeigte zudem der Auftritt einer birmanischen Delegation vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf. Birmas stellvertretender Generalsstaatsanwalt General Tun Shin bestritt vehement Menschenrechtsverletzungen in seinem Land.

"Zynisch" nannten im "Birma Forum" zusammengeschlossene birmanische Menschenrechtsorganisationen die Äußerungen - angesichts von systematischen Vergewaltigungen von Frauen bestimmter Ethnien durch Soldaten der Armee, von mehr als 2.100 politischen Gefangener und der Unterdrückung religiöser Minderheiten. Die Vereinten Nationen sollten deshalb eine unabhängige internationale Kommission zur Untersuchung der "Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit" einsetzen, forderte das Bündnis.

Unterdessen wird weiterhin gerätselt, wen das Militär zum Staatspräsidenten ernennen wird. Hartnäckig halten sich Gerüchte, Juntachef Than Shwe werde sich selbst auf den Posten befördern. Der General gab nach Informationen des birmanischen Exilmagazins "Irrawaddy" in den Tagen vor der ersten Parlamentssitzung Vertrauten bereits einen Vorgeschmack, was dem Land drohe, wenn das Parlament nicht spure: ein neuerlicher Militärputsch.